Weißt Du, was eine rhizomatische Mindmap ist?

Ich habe keine Ahnung, was eine rhizomatische Mindmap ist. Das Thema Mindmap ist mir vor vielen Jahren das erste Mal bei der Autorin Vera Birkenbihl begegnet. Dank ihres Buches habe ich entdeckt, dass Mindmaps ein geniales Werkzeug sind, das mir dabei hilft, meine Gedanken sichtbar zu machen und zu strukturieren. Am liebsten nutze ich digitale Mindmaps, weil ich hier schnell viele lose Gedanken notieren und später alles in eine logische Struktur bringen kann.

Bei

Max Dax: Was ich sah, war die freie Welt

ist mir der Begriff rhizomatische Mindmap das erste Mal begegnet. Unser Autor hat für sein Buch Gespräche mit 24 Künstlern geführt und diese anschließend notiert. Bei diesem Prozess hat eine rhizomatische Mindmap offenbar eine Rolle gespielt, wie ich dem folgenden Satz des Autors entnehme:

„Vor allem aber lege ich mit den Gesprächen eine Art rhizomatische Mindmap offen: Das sind Fragen, die mich interessieren, und diese Fragen stelle ich, oft neu formuliert, daher immer wieder.“

S. 11.

Lass uns doch einmal schauen, ob unser Lexikon uns verraten kann, was rhizomatisch bedeutet.

Was das Lexikon sagt

Unser Lexikon hat heute keinen exakt passenden Eintrag für uns. Alles, was wir hier erfahren, ist, was rhizo, Rhizodermis und Rhizom bedeutet.

rhizo-, Rhizo- [zu griech. rhíza] <Best. in Zus. mit der Bed.>: Wurzel, Spross; z. B. Rhizodermis; rhizoid.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 19, S. 1910.

Rhizodermis, die; -, …men [zu griech. dérma = Hülle] (Bot.): die Wurzel der höheren Pflanzen umgebendes Gewebe, das zur Aufnahme von Wasser u. Nährsalz aus dem Boden dient.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 19, S. 1910.

Rhizom, das; -s, -e [griech. rhízoma = das Eingewurzelte] (Bot.): unter der Erde od. dicht über dem Boden wachsender, mehrere Winter überdauernder Spross (bei vielen Stauden), von dem nach unten die eigentliche Wurzel, nach oben die Blatttriebe ausgehen, Wurzelstock.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 19, S. 1910.

Auf den ersten Blick scheinen diese drei Einträge nichts mit einer Mindmap zu tun zu haben. Dennoch habe ich das Gefühl, dass sie möglicherweise die Antwort auf unsere heutige Frage enthalten. Die Wurzeln, die Gegenstand unserer Lexikoneinträge sind, befinden sich unter der Erde. Erst wenn die Umgebungsbedingungen stimmen, entstehen aus ihnen Pflanzen, die auch über der Erde für den Menschen sichtbar sind. Ich vermute daher, dass eine rhizomatische Mindmap eine unsichtbare Mindmap mit lauter Fragen ist, die unser Autor ständig im Kopf hat. Erst wenn die Bedingungen stimmen (im Fall unseres Autors während eines Gespräches mit Künstlern) werden diese Fragen sicht- bzw. hörbar, weil unser Autor sie seinen Gesprächspartnern stellt. In diesem Bild sind die Fragen unseres Autors wie die Wurzeln einer Pflanze, die unter der Erde schlummern. Die Antworten der Künstler sind der sichtbare Teil der Pflanze.

Lass uns nun mit Hilfe des Internets schauen, ob wir dank unseres Lexikons bereits herausgefunden haben, was eine rhizomatische Mindmap ist.

Was das Internet sagt

Als ich im Internet nach „rhizomatische Mindmap“ suchte, habe ich tatsächlich nur unseren Autor gefunden, der die deutsche Version dieses Begriffes nutzt. Unser heutiger Begriff ist im deutschen Sprachraum anscheinend noch nicht sehr verbreitet. Ganz anders schaut es im englischen Sprachraum aus. Hier gibt es nicht nur Treffer zum Thema rhizomatic Mind Map, sondern auch zu Rhizomapping, Rhizomaps, Rhizomatic Learning.

In diesem YouTube Werbevideo können wir sowohl eine klassische als auch eine rhizomatische Mindmap sehen. Bei der klassischen Mindmap steht ein zentrales Thema im Vordergrund. Diesem Thema werden alle anderen Gedanken zugeordnet. In der rhizomatischen Mindmap gibt es kein zentrales Thema, das über allen Gedanken steht. In dieser Mindmap werden die Themen bzw. Gedanken am größten dargestellt, die am meisten Verbindungen zu anderen Themen auf der Mindmap haben. Damit gleicht die Mindmap einer unterirdischen Wurzel. Auch hier sind die Stellen, von denen viele Wurzeläste abgehen, größer als Stellen, von denen nur wenige Wurzeläste abgehen.

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Das bedeutet, dass eine rhizomatische Mindmap die wirklich wichtigen Themen automatisch sichtbar macht, während sie entsteht. Nachdem die Mindmap fertig ist, sieht ihr Ersteller, welche Themen zentral sind, und welche Themen nur kleine Randerscheinungen sind. 

Laut dieser Webseite ist Tony Buzan der Vater der klassischen Mindmap. Die rhizomatische Mindmap wurde von Jan Cisek und Susan Norman auf Grundlage der Idee des rhizomatischen Denkens von Giles Deleuze entwickelt. Giles war laut Wikipedia nicht etwa Botaniker, sondern ein Philosoph, der sich von dem botanischen Begriff inspirieren ließ und diesen in die Welt der Philosophie übertrug.

Fazit

Laut Internet lag ich mit meiner Spekulation daneben. Eine rhizomatische Mindmap ist nicht unsichtbar und dient nicht dazu, etwas Unsichtbares sichtbar zu machen. Eine rhizomatische Mindmap ist eine Mindmap, die kein zentrales Thema hat. Sie hat viele Themen, von denen sich einzelne zu Schwerpunkten entwickeln, weil sie besonders viele Verbindungen zu anderen Themen haben. Unser Autor wollte uns mit unserem Satz also sagen, dass er für seine Gespräche kein zentrales Thema sondern viele Themen hatte.

Wieder was gelernt. An dieser Stelle bin ich neugierig: Hast Du schon einmal eine Mindmap genutzt? Welche Mindmap Art gefällt Dir besser? Die klassische oder die rhizomatische?