Weißt Du, was larmoyant bedeutet?

Unser heutiger Begriff ist mir noch nie zuvor begegnet, und daher habe ich nicht den Hauch eines Schimmers, was er bedeuten könnte. Dank des Autors

2 Personen. eine hält ein Bild in der Hand und schüttelt den Kopf. Die andere schaut traurig zum Boden.
Nope, dass darf nicht auf die Bühne.

Ulrich Linke: “Representation of Ourselves”. Eine Übersicht über die Gay Musicals der 1970er Jahre. In: Kevin Clarke (Hrsg.): Breaking Free. Die wunderbare Welt der LGBTQ-Musicals

wird sich dies heute hoffentlich ändern. Wie der Titel sagt, beschäftigt sich der Text unseres Autors mit schwulen Musical-Figuren in den 1970er Jahren. Damit wir das Thema besser einordnen können, verrät uns unser Autor zu Beginn seines Textes, dass es in den USA bis 1967 fast unmöglich war, schwule Figuren auf die Bühne zu bringen. Es gab nämlich verschiedene Formen der Zensur, die dies unterbanden. Anschließend gewinnen wir einen Einblick in die Musicalwelt jener Zeit, die unser Autor gegen Ende seines Textes wie folgt in 3 Sätzen zusammenfasst:

„Gerade in den 1970er Jahren formierten sich Schwule, Lesben, Bisexuelle und trans Menschen als gesellschaftliche Gruppe, die ein selbstbestimmtes Leben einforderte und dafür viele Hebel in Bewegung setzte: in politischen Aktivitäten wie zum Beispiel öffentlichkeitswirksam „zaps“, bei denen bekannte Persönlichkeiten öffentlich der Homophobie überführt und angeklagt wurden, aber auch in der Gründung neuer Glaubensgemeinschaften und in der Kultur. Ein Baustein in diesem komplexen Gefüge war dabei das Musical, in dem Schwule, Lesben und transidente Menschen ihr neues Lebensgefühl ausdrückten, die jahrhundertelange Unterdrückung abschüttelten und den jahrzehntelangen aufgestauten Druck ablassen konnten, indem sie zum ersten Mal über sich und ihr Leben sprachen und sangen – und zwar nicht als Opfer einer repressiven Gesellschaft, sondern als selbstbestimmte und die Gesellschaft mitprägende Zeitgenossen. Insofern sind diese frühen Stücke nicht larmoyant oder selbstmitleidig, sondern selbstbewusst, witzig und originell.“

S. 90.
Gemeinsam machen wir auf Ungerechtigkeit aufmerksam.

Da ich dank des Buches in dem Ulrichs Text erschienen ist, die Fernsehserie „Pose“ gesehen habe, weiß ich inzwischen, was ein „zap“ ist. In der Serie nutzt Blanca, deren Nagelstudio gerade von ihrer transfeindlichen Vermieterin geräumt wurde, einen zap, um sich gegen diese Räumung zu wehren. Zusammen mit Menschen aus ihrer Szene macht sie die Öffentlichkeit mit Hilfe von Transparenten und lauten Sprechchören vor ihrem Laden auf das Vorgehen ihrer Vermieterin aufmerksam. Das Wort larmoyant taucht in der Serie allerdings nicht auf, daher greifen wir nun zum Lexikon, damit es uns dabei hilft, auch dieses Wissenslücke zu schließen.

Was das Lexikon sagt

Zu meiner großen Freude ist unser Lexikon in der Lage, unsere Wissenslücke mit dem folgenden Beitrag zu schließen:

„lar|mo|yant [larmo̯aˈjant] <Adj.> [frz. Larmoyant, 1. Part. von: larmoyer = weinen, jammern, zu: larme < lat. lacrima = Träne] (bildungsspr., meist abwertend): sentimental-weinerlich; mit allzu viel Gefühl [u. Selbstmitleid]: etw. in -em Ton sagen.“

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1428.

Larmoyant bedeutet also sentimental-weinerlich, somit lautet der letzte Satz des Zitates unseres Autors ohne dieses Wort:

„Insofern sind diese frühen Stücke nicht sentimental-weinerlich oder selbstmitleidig, sondern selbstbewusst, witzig und originell.“

Ja, das passt. Nun wissen wir endlich, was unser Autor uns sagen möchte.

Fazit

Obwohl ich mich darüber freue, dass ich nun weiß, was unser heutiger Begriff bedeutet, wird es das Wort larmoyant definitiv nicht in meinen aktiven Wortschatz schaffen. Dennoch freue ich mich über unsere heutige Recherche, weil der Text unseres Autors und das Buch, in dem dieser erschienen ist, meine Wahrnehmung von Musicals grundlegend verändert hat.

Dank des Buches sehe ich das Genre mit völlig anderen Augen. Bis jetzt war es für mich einfach schön, ein Musical live zu erleben, doch ich habe nicht weiter darüber nachgedacht. Für mich waren Musicals bis jetzt irgendwie einfaches Bühnen-Fast-Food. Dem ist nun nicht mehr so. Nun weiß ich, dass auch bei einem Musical der Kontext wichtig ist, und es hilfreich ist, diesen zu kennen, um auch jene ungesagten Dinge zu verstehen, die zwischen den Zeilen des Stückes stehen.

An dieser Stelle bin ich neugierig: Wie stehst Du zu Musicals? Hast Du ein Lieblingsmusical? 

19. März 2024
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