Brauchen wir Maschinenlern-Methoden, um Käufe vorherzusagen?

Seit fast einem Jahrzehnt arbeite ich nun in Unternehmen, deren Hauptgeschäft das Marketing ist. In diesem Geschäft geht es darum Dinge zu tun, die dafür sorgen, dass Kunden kaufen. Bei meinem letzten Arbeitgeber wurden für dieses Ziel hauptsächlich verkaufsstarke und suchmaschinenoptimierte (SEO) Texte erstellt. Bei meinem derzeitigen Arbeitgeber thiemwork ist dies nur ein kleiner Teil dessen, was in Sachen Marketing gemacht wird. Das krasse ist, dass ich auch nach 10 Jahren nicht in der Lage bin mit den ganzen Zahlen und Daten umzugehen, die meine Kollegen mit SEO-Schwerpunkt mit Leichtigkeit handeln. Zum Glück ist das kein Problem, da in einem Unternehmen nicht nur Datenjongleure, sondern auch Umsetzer (also Menschen wie ich) der Strategien gebraucht werden, die Datenjongleure auf Basis der Daten erstellen.

Ich bin jetzt nicht so der Datenjongleur

Inzwischen habe ich mich damit abgefunden, dass ich die Sache mit den Zahlen und Daten wohl nie begreifen werde, doch nun bin ich in

Gerd Gigerenzer: Klick. Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen

über etwas gestolpert, dass mir neue Hoffnung gibt. Unser Autor schreibt in seinem Buch, dass es eine einfache Regel gibt, mit der sich vorhersagen lässt, welche Kunden mit hoher Wahrscheinlichkeit kaufen werden und welche nicht. Diese Regel werden wir heute etwas genauer unter die Lupe nehmen.

Die einfache Regel zur Vorhersage der Kaufwahrscheinlichkeit

In seinem Buch schreibt unser Autor:

„In einer Studie, die anhand von 35 Händlern [sic!] zeigt sich, dass eine einfache Regel, die erfahrene Manager verwenden – die sogenannte Hiatus-Heuristik -, neue Käufe von Kunden besser vorhersagte als komplexe Maschinenlern-Methoden und raffinierte Marketingmodelle.“

S. 212.

Als Daten-Quelle für diese Aussage gibt Gerd

Florian M. Artinger, Nikita Kozodi, Florian Wangenheim, Gerd Gigerenzer: Recency: Prediction with Smart Data(PDF-Datei)

an. In der PDF-Datei ist ein kleines Balkendiagramm zu sehen, dass zeigt, dass die Hiatus-Heuristik besser abschneidet als andere Modelle.

Der ist zu alt, der kauft nicht wieder.

Die einfache Regel, von der Gerd in diesem Zitat spricht, lautet: Wer in den letzten 9 Monaten gekauft hat, wird wahrscheinlich erneut kaufen. Wer in den letzten 9 Monaten nicht gekauft hat, wird wahrscheinlich nicht erneut kaufen. Unser Autor weist darauf hin, dass die Anzahl der Monate von Branche zu Branche variieren kann, dass die Regel an sich aber greift. Ich würde an dieser Stelle davon ausgehen, dass es

  • bei einem Autokauf deutlich mehr Monate sind
  • bei Lebensmitteln deutlich weniger Monate sind und
  • ich habe Zweifel, dass sich die Regel vernünftig auf die Immobilienbranche anwenden lässt, da nur wenige Menschen mehr als ein Haus kaufen.

Dass die Regel meiner Vermutung nach nicht überall greift ist für mich okay, schließlich besagt ein bekanntes Sprichwort, dass Ausnahmen die Regel bestätigen. Was für mich nicht okay ist, ist dass ich an dieser Stelle des Buches weder erfahre, was eine Heuristik ist, noch wer dieser Hiatus war. Daher werden wir diesen beiden Fragen nun mit Hilfe des Internets nachgehen.

Was ist eine Heuristik?

Die Tatsache, dass unser Autor an der oben zitierten Stelle nicht erklärt, was eine Heuristik ist, ist der Tatsache geschuldet, dass er diesen Begriff bereits auf Seite 63 seines Buches erklärt hat. Hier verrät er uns, dass eine Heuristik eine Faustregel ist. Damit wir diesen Absatz nicht ganz ohne Internet abschließen, werden wir nun schnell noch in Erfahrung bringen, ob eine Faustregel Faustregel heißt,

Ein Wort, so viele Ideen
  • weil sie schlagend ist,
  • weil sie von jedem an 5 Fingern abgezählt werden kann,
  • oder ob es einen völlig anderen Grund für die Faust in der Faustregel gibt.

Das Internet kann die Frage nicht zweifelsfrei beantworten. Wikipedia gibt sich damit zufrieden zu erklären, dass sich das Synonym Daumenregel vom englischen Begriff Rule of Thumb ableitet. Auch der Ngram Viewer von Google hat mir nicht weitergeholfen. Er kann Bücher benennen, in denen der Begriff bereits 1864 auftaucht, doch keines dieser Bücher macht sich die Mühe den Begriff zu definieren. Selbst unser analoges Lexikon, das uns schon so oft aus der Patsche geholfen hat, enthält keinen Hinweis auf die Herkunft des Begriffes.

Wer war dieser Hiatus?

Auf diese Frage weiß das Internet Antwort. Es verrät uns zunächst einmal, dass ein Hiatus kein wer, sondern ein was ist, dass laut der Webseite Duden.de sowohl in

  • der Medizin – beschreibt u.a. eine Öffnung
  • der Sprachwissenschaft – beschreibt das Aufeinanderstoßen der Buchstaben a, e, i, o oder u in verschiedenen Silben oder Worten
  • der Geologie – beschreibt einen Zeitraum
  • der Prähistorie – beschreibt einen Zeitraum

vorkommt. Was uns die Webseite nicht verrät, ist die Herkunft des Begriffes. Hier hilft uns mein Bauchgefühl, dass Worte, die auf us enden nicht selten lateinischen Ursprungs sind und die Webseite ponds.de weiter, die diesen Verdacht bestätigt und verrät, dass hiatus ein lateinischer Begriff ist, der sich unter anderem mit

  • Öffnung,
  • Kluft oder
  • Schlund

übersetzen lässt.

Fazit

Eine Hiatus-Heuristik ist also eine Kluft-Faustregel, die in dem Fall, den unser Autor anspricht bedeutet, dass alle Kunden, die in eine 9 Monats-Kluft fallen mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder kaufen werden.

An dieser Stelle bin ich neugierig. Gibt es auch in Deinem Leben einfache Faustregeln, die zuverlässiger funktionieren, als komplizierte Datenberechnungen?

28. Juni 2024
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Buchcover zum Beitrag
Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.

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