Lässt uns monotones Arbeiten schneller altern?

Ich bin nicht alt, mein Job ist nur monoton.

Wie geht es Dir bei der Erledigung von monotonen Aufgaben? Genießt Du sie, oder sind sie Dir lästig? Ich persönlich mag den Wechsel zwischen anspruchsvollen, abwechslungsreichen und monotonen Aufgaben sehr. Am Anfang meines Arbeitstages kümmere ich mich um die anspruchsvollen und kreativen Aufgaben. Wenn meine Energie für den Tag aufgebraucht ist, wende ich mich gern den monotonen Aufgaben zu, die auch erledigt werden müssen, aber nicht spannend sind. Diese kann ich mit meinem geringeren Energielevel zuverlässig erledigen. Und weil ich zu müde bin, um was „Richtiges“ zu machen, sind diese Aufgaben perfekt, um meinen Arbeitstag voll auszuschöpfen.

Obwohl monotone Aufgaben schon immer zu meinem Arbeitsalltag gehören, habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht, ob monotones Arbeiten Einfluss auf unser Altern haben könnte. Daher war ich sehr erstaunt, als ich in

Sina Trinkwalder: Zukunft ist ein guter Ort. Utopie für eine ungewisse Zeit

über folgende Information stolperte:

„Das Gehirn von 50-jährigen Menschen, die ausschließlich monotone Arbeiten verrichten, altert deutlich rasanter als jenes von Kollegen, die vielfältigen Tätigkeiten nachgehen.“

S. 71f.

Da Sina in ihrem Buch nicht mit Fußnoten arbeitet, fehlt eine Quellenangabe. Doch da sie uns verrät, dass diese Erkenntnis auf die Untersuchung von Michael Falkenstein vom Institut für Arbeit, Lernen, Altern stammt, möchte ich heute mit Hilfe des Internets versuchen, die Quelle der Aussage ausfindig zu machen.

Wie kam Michael zu seiner Erkenntnis

Auf der Webseite von Michael http://ala-institut.de/?page_id=598, die ich hier bewusst nicht aktiv verlinke, weil ihr ein Sicherheitszertifikat fehlt, findet sich eine gigantische Liste seiner Publikationen. Auf seiner Webseite bietet Michael seine Dienstleistungen als Berater für Unternehmen zu Themen wie z. B. „Gesundes Altern in Unternehmen“ an. Auf der Angebotsseite für diese Leistung http://ala-institut.de/?page_id=557 findet sich der Satz:

„Mit zunehmendem Alter nehmen manche mentale Kompetenzen zu, andere können abnehmen, besonders bei ungünstigen Arbeitsbedingungen wie Stress und monotoner Arbeit.“

Leider fehlt auch an dieser Stelle ein Verweis auf eine Quelle, die der Erkenntnis zugrunde liegt, dass monotone Arbeit eine ungünstige Arbeitsbedingung ist.

Mal schauen welche Gruppe besser abschneidet.

Auf der ebenfalls sicherheitszertifikatsfreien Webseite http://www.schattenblick.de/infopool/medizin/fachmed/mz1ar306.html finden sich Details zu der Untersuchung, auf der die Erkenntnis basiert, dass monotones Arbeiten uns schneller altern lässt. Michael führte eine Studie mit 91 Arbeitern der Adam Opel AG in Bochum durch. Die Studienteilnehmer setzten sich wie folgt zusammen:

  • 23 jüngere Fließbandarbeiter zwischen 18 und 23.
  • 23 ältere Fließbandarbeiter zwischen 48 und 58.
  • 23 jüngere nicht Fließbandarbeiter zwischen 18 und 23.
  • 22 ältere nicht Fließbandarbeiter zwischen 48 und 58.

Im Rahmen der Untersuchung mussten alle Teilnehmer am Computer Aufgaben durchführen, mit denen ihre Leistungsfähigkeit getestet wurde.

Nach der Auswertung der Ergebnisse kommt Michael zu dem Schluss, dass ältere Fließbandarbeiter im Kopf deutlich schneller gealtert sind als gleichalte Kollegen, die in ihrem Arbeitsleben anregenden Tätigkeiten nachgingen. Mittels der EEG Untersuchungen, die er an beiden Gruppen vornahm, stellte er fest, dass die Hirnstromkurven älterer nicht Fließbandarbeiter jenen jungen Kollegen mehr ähneln als ihren Altersgenossen vom Fließband.

Mit all diesen Informationen ist es mir nun endlich gelungen herauszufinden, dass Freude G, Falkenstein M, Zülch J: Förderung und Erhalt intellektueller Fähigkeiten für ältere Arbeitnehmer. Abschlussbericht des Projekts Pfiff.  Initiative Neue Qualität der Arbeit INQA Bericht 39. Dortmund: BAuA, 2010. (PDF-Datei) die Quelle der Aussage ist, auf die Sina sich in ihrem Buch bezieht.

Fazit

Lass uns mit dem, was wir an zusätzlichen Informationen zu Sinas Aussage gefunden haben, auf unsere heutige Ursprungsfrage „Lässt monotones Arbeiten und schneller altern?“ zurückkommen. Wir haben herausgefunden, dass sich die Aussage von Sina über monotones Arbeiten lediglich auf die Fließbandarbeit bei der Opel AG in Bochum und nicht auf jedwede monotone Arbeit bezieht. Ich würde mir wünschen, dass Menschen, die Michaels Forschung zitieren, dieses nicht ganz unwichtige Detail in Zukunft mit erwähnen würden und so verhindern, dass Leser wie ich denken, dass damit monotone Arbeiten am Bildschirm gemeint sein könnten.

Leider habe ich bei meiner Recherche keine Studien entdeckt, die sich mit anderen monotonen Arbeiten beschäftigen. In Bezug auf das Problem der monotonen Arbeit am Fließband habe ich das Gefühl, dass sich das Problem im Zuge der Digitalisierung bald selbst erledigenwird. Monotone Aufgaben lassen sich mit den steigenden Fähigkeiten von Maschinen und Software immer stärker an diese auslagern. Wie Sina richtig anmerkt bedeutet das, dass wir bald nicht mehr vor der Frage stehen, wie wir das schnelle Altern von Fließbandarbeitern verhindern können, sondern vor der Frage, welche Jobs Fließbandarbeiter in Zukunft ausüben können, wenn Maschinen ihren aktuellen Job machen.

Im tiefsten Inneren hoffe ich, dass wir es uns ersparen, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Ich wünsche mir, dass wir bald an den Punkt kommen, an dem wir erkennen, dass der Wegfall von Jobs nichts Schlechtes sondern etwas Gutes ist. Doch um diesen Punkt erreichen zu können, brauchen wir eine Alternative für die Erwerbsarbeit als Einkommensgrundlage, oder ein vollkommen anderes Arbeitszeitmodell, mit dem wir die vorhandene Arbeit und die damit verbundenen Einnahmen wieder so verteilen können, dass alle Menschen von ihrer Arbeit leben können.

16. Juni 2023
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