Weißt Du, was Agonie ist?

Heute geht es um einen Begriff, der mir ab und an begegnet. Meistens glaube ich aufgrund des Satzkontextes, in dem er auftaucht, was er im Groben bedeutet. Doch wenn er mir ohne Kontext begegnet, habe ich keine Ahnung, was er bedeuten könnte. So geht es mir auch bei

René Esteban: Do Epic Stuff! Führung nach dem Ende des Change-Management

Hier ist der Begriff in einen Satz eingebettet, aus dem sich seine Bedeutung erschließen lässt. Unser Autor schreibt:

„Schließlich geschahen auch in diesem Team keine Wunder. Aber Justins Team war wieder produktiv und hatte vorzeigbare Zahlen, als andere Teams noch wie in Agonie erstarrt waren.“

S. 119.

Zuvor erfahren wir, dass Justin der Manager eines 200 Mann starken Vertriebsteams ist, das das Ergebnis einer Unternehmensfusion ist. Bei seinem Jobantritt herrschte im Team Angst und Unsicherheit, weil keiner im Team wusste, wie es nach der Unternehmensfusion weitergehen sollte. Justin wusste dies zwar auch nicht, schaffte es aber durch einen guten Führungsstil, der sich im Wesentlichen auf Transparenz und eine positive Atmosphäre stützte, dem Team das Gefühl von Sicherheit zu geben, das es brauchte, um den Neuen aus dem „anderen“ Unternehmen zu vertrauen. Im Ergebnis war das Team nicht mehr durch Angst und Unsicherheit gelähmt, sondern es war produktiv.

Mit diesem Wissen könnten wir das Wort „Agonie“ in dem Satz unseres Autors also einfach durch „Angst“ ersetzen. Doch wenn Agonie nur Angst bedeuten würde, dann hätte unser Autor doch einfach das Wort Angst benutzt, oder? Lass uns daher einmal schauen, ob unser Lexikon uns die wirkliche Bedeutung des Begriffs Agonie verraten kann.

Was das Lexikon sagt

Unser Lexikon schafft es immer wieder, mich zu überraschen. Es besteht aus 16 Bänden Lexikon, 3 Bänden Wörterbuch und 1 Band Sprichwörter. Jedes Mal denke ich, dass ein 16-bändiges Lexikon aufgrund seines schieren Umfanges mehr Informationen enthalten muss. An Tagen wie heute schafft es unser Lexikon, mich eines Besseren zu belehren. Der Lexikonteil unseres Lexikons enthält folgenden Eintrag zu unserem heutigen Begriff:

Agonie [grch.] die, Todeskampf (↑Tod).

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 01, S. 111.

Laut dieses Eintrags hat unser Begriff offenbar nur indirekt etwas mit dem Thema Angst zu tun. Ganz anders schaut es aus, wenn wir zum viel kürzeren Wörterbuchteil unseres Lexikons greifen. Dieser enthält folgende Informationen zu unserem Begriff:

Agonie, die; -, -n [kirchenlat. Agonia < grich. agonía = Kampf, auch: Angst] (bildungsspr., Med.): Todeskampf: in A. verfallen; in der A. liegen. Das Zeit Lexikon.

Mit dem Besten aus der Zeit, Band 17, S. 96.

Hier erfahren wir, dass

• Todeskampf die bildungssprachliche Bedeutung des Begriffes ist,
• es nicht nur eine griechische, sondern auch eine lateinische Herleitung für den Begriff gibt und
• der griechische Ursprungsbegriff Kampf oder Angst bedeutet.

Dank dieser beiden Einträge würde ich sagen, dass unser Autor eine besondere Art von Angst in seinem Satz meint, nämlich die Angst vor dem Tod der Teams bzw.  des Unternehmens:

„Aber Justins Team war wieder produktiv und hatte vorzeigbare Zahlen, als andere Teams noch wie in Angst vor dem Tod erstarrt waren.“

Fazit

Ich freue mich, nun zu wissen, was es mit unserem heutigen Begriff auf sich hat. Auch wenn ich ein klitzekleines bisschen enttäuscht bin, dass hinter dem Begriff keine griechische Sage steckt, in der die Heldin Agonia gegen übermächtige Götter kämpft.