Weißt Du, was ein Paradigma ist?

Ich blicke voll was der Begriff bedeutet, ich kann ihn nur nicht beschreiben.

Mir ist dieser Begriff schon so oft begegnet, dass er mir sehr vertraut vorkommt. Dennoch bin ich nicht in der Lage, in einfachen Worten zu beschreiben, was ein Paradigma ist. Mit etwas Glück wird sich das heute dank

Ulrich Lichtenthaler: Integrierte Intelligenz. Wettbewerbsvorteile erzielen durch die Kombination menschlicher und künstlicher Intelligenz

ändern. In seinem Buch legt unser Autor dar, wie Unternehmen ihren Erfolg steigern können, wenn sie menschliche und künstliche Intelligenz kombinieren. Einer seiner Vorschläge ist, eine einzigartige Intelligenzarchitektur im eigenen Unternehmen aufzubauen, die menschliche und künstliche Intelligenz umfasst. Diese Intelligenzarchitektur kann von Unternehmen genutzt werden, die bereits den wissensbasierten Ansatz (Wissensmanagement) nutzen. Dank des wissensbasierten Ansatzes haben Unternehmen das unverzichtbare Wissen aus den Köpfen ihrer Mitarbeitenden extrahiert und in ihren IT-Systemen dokumentiert. Die einzigartige Intelligenzarchitektur, die Ulrich vorschlägt, nutzt dieses Wissen. In den Worten unseres Autors klingt dies wie folgt:

„Hierbei wird Intelligenz als der nächste Schritt über Wissen hinaus betrachtet der Verstand und Weisheit ermöglicht. Wissen wird zu Intelligenz, wenn es Erkenntnis und Verständnis ermöglicht, weil es integriert und umsetzbar ist. Der Analogie von Wörtern, Sätzen und Kapiteln folgend – die sich auf Daten, Informationen und Wissen beziehen – könnte ein Beispiel für Intelligenz ein Buch sein. Hinsichtlich der Analogie von Zahlen, Gleichungen und Theorien könnte es sich bei Intelligenz um ein System oder Paradigma handeln. Intelligenz beschreibt also Wissen, das angewendet und so organisiert wird, dass spezielle Erkenntnisse möglich sind, die ganz ohne Intelligenz nicht aus dem Wissen selbst gewonnen werden können. Somit ist der intelligenzbasierte Ansatz eine Weiterentwicklung des wissensbasierten Ansatzes.“

S. 60.

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber mir fällt es nicht gerade leicht zu verstehen, was genau uns unser Autor mit diesem Zitat sagen möchte. Ich bin gespannt, ob sich dies ändert, sobald ich weiß, was unser heutiger Begriff bedeutet.

Was das Lexikon sagt

Ich lief mal hier herum. Ich laufe aber nicht mehr.

Unser Lexikon enthält zwei ausführliche Einträge zu unserem heutigen Begriff, die einander überdecken und ergänzen.

Paradigma [grch.] das, 1) allg.: Beispiel, Muster. 2) Sprachwiss.: 1) Gesamtheit der Formen der Flexion eines Wortes, bes. als Muster für die Flexion anderer Wörter (Deklinations- oder Konjugationsmuster); 2) (syntakt. P.), Anzahl von sprachl. Einheiten, zw. denen in einem Kontext zu wählen ist (z. B. »Er steht hier« und nicht etwa »dort«); Ggs.: Syntagma. 3) Wissenschaftstheorie: von T. S. Kuhn eingeführter Begriff, der die Gesamtheit aller eine wiss. Disziplin in einem Zeitabschnitt beherrschenden Grundauffassungen (z. B. Raum-, Zeitvorstellungen, methodolog. Regeln) bezeichnet und somit festlegt, was als wiss. befriedigende Lösung angesehen werden kann. Nach einer These Kuhns lassen sich wiss. Revolutionen im Sinne von Paradigmenwechseln definieren, wie z. B. die Übergänge von der aristotel. zur klass. und von dieser zur relativist. Mechanik.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 11, S. 163.

Paradigma, das; -s, …men, auch: ta [lat. paradigma < griech. parádeigma, zu: paradeikýnai = vorzeigen, sehen lassen]: 1. (bildungsspr.) Beispiel, Muster; Erzählung mit beispielhaftem Charakter. 2. (Sprachw.) Gesamtheit der Formen der Flexion eines Wortes, bes. als Muster für Wörter, die in gleicher Weise flektiert werden. 3. (Sprachw.) Anzahl von sprachlichen Einheiten, zwischen denen in einem gegebenen Kontext zu wählen ist (z. B. er steht hier/dort/oben/unten), im Unterschied zu Einheiten, die zusammen vorkommen, ein Syntagma bilden (z. B. er steht dort).

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1714.

Bis jetzt ist mir der Begriff Paradigma mit ziemlicher Sicherheit nur in seiner ersten Bedeutung begegnet, dass er auch eine sprachwissenschaftliche und wissenschaftstheoretische Bedeutung hat, ist mir vollkommen neu.

Was unser Autor uns sagen möchte

Los Freunde kommt her, lasst uns gemeinsam ein Muster machen.

Wenn ich mir das Zitat unseres Autors ansehe, vermute ich sehr stark, dass er Paradigma im Sinne von Beispiel bzw. Muster meint:

„Hinsichtlich der Analogie von Zahlen, Gleichungen und Theorien könnte es sich bei Intelligenz um ein System oder Muster handeln.“

Lass uns nun einmal versuchen mit diesem Wissen das gesamte Zitat unseres Autors zu verstehen, indem wir es in seine Einzelteile zerlegen und in eigenen Worten wiedergeben. Unser Autor erklärt uns,

  • was er unter Intelligenz versteht: Intelligenz ist die Fähigkeit, Wissen anzuwenden,
  • wenn ein Buch Wissen anwendbar macht, dann ist es ein Gleichnis für Intelligenz,
  • wenn Muster bzw. Beispiele oder Systeme Zahlungen, Gleichungen und Theorien anwendbar machen, dann ist dies ein Gleichnis für Intelligenz.
  • dass dokumentiertes Wissen an sich schön und gut ist, dass es jedoch nutzlos ist, wenn es in der Praxis nicht angewandt werden kann.

Fazit

Bei dem Buch unseres Autors bin ich hin- und hergerissen. Auf der einen Seite finde ich es großartig, dass er sich mit dem Thema Künstliche Intelligenz beschäftigt und sich die Mühe macht, es Menschen wie mir, die nur wenig Ahnung vom Thema haben, nahe zu bringen. Auf der anderen Seite treibt er mich mit Zitaten immer wieder in die Verzweiflung, weil er in seinem Bemühen, Dinge zu erklären, Beispiele bringt, die wenig hilfreich sind, weil sie zusätzliche Konzentration und zusätzliches Wissen des Lesers erfordern. Hätte unser Autor den mittleren Teil seines Zitates weggelassen, hätte ich ihm gedanklich viel besser folgen können:

„Hierbei wird Intelligenz als der nächste Schritt über Wissen hinaus betrachtet der Verstand und Weisheit ermöglicht. Wissen wird zu Intelligenz, wenn es Erkenntnis und Verständnis ermöglicht, weil es integriert und umsetzbar ist. [..] Intelligenz beschreibt also Wissen, das angewendet und so organisiert wird, dass spezielle Erkenntnisse möglich sind, die ganz ohne Intelligenz nicht aus dem Wissen selbst gewonnen werden können. Somit ist der intelligenzbasierte Ansatz eine Weiterentwicklung des wissensbasierten Ansatzes.“

S. 60.

Dennoch bin ich Ulrich dankbar, denn immerhin weiß ich nun endlich, was es mit dem Begriff Paradigma auf sich hat.

22. Juni 2023
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  1. Maria von du-bist-grossartig.de 15. April 2024 at 04:56 - Reply

    Die Autorin von

    Lorraine Daston: Regeln. Eine kurze Geschichte (2024)

    stellt den letzten Satz meines Beitrages in Frage, indem sie uns weitere Informationen zum Begriff Paradigma schenkt. So schreibt sie, dass Thomas S. Kuhn in seinem Buch

    Thomas S. Kuhn: The Structure of Scientific Revloutions (1962)

    21 verschiedene Bedeutungen des Begriffes enthält und dass Kuhn davon überzeugt ist, dass das Wissenschaft ohne Paradigment nicht existieren kann:

    „Nach Kuhn ist eine Wissenschaft erst dann dieses Namens würdig, wenn sie ihr erstes Paradigma entwickelt hat.“ S. 20.

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