Weißt Du, was ein Scherflein ist?

Das hat bestimmt nix mit Schäflein zu tun.

Ich bin mir nicht sicher, ob mir der Begriff schon einmal begegnet ist, oder ob ich ihn mit dem Begriff Schäflein, der Verniedlichungsform von Schaf, verwechsle. Dank des Autors

Martin Lindstrom: Small Data. Was Kunden wirklich wollen – wie man aus winzigen Hinweisen geniale Schlüsse zieht

werden wir heute hoffentlich herausfinden, was es mit diesem Begriff auf sich hat, denn er schreibt:

„Ich wollte mein Scherflein dazu beitragen, den Aspekt der Berührung wiederherzustellen, von dem die meisten Amerikaner gar nicht wussten, dass er ihnen fehlte.“

S. 101.

Mit dem Aspekt der Berührung meint er eine japanische Verhaltensweise, die er aus einem mir nicht ganz verständlichen Grund als Händchenhalten bezeichnet: In Japan werden Visitenkarten und verkaufte Produkte dem Gegenüber mit beiden Händen übergeben. Auch Nichtjapaner nehmen mit beiden Händen dargereichte Dinge mit beiden Händen entgegen. Durch diese Art der Übergabe entsteht ein anderes Niveau der Intimität als z. B. an dem Tresen einer Gaststätte, an dem die dort Beschäftigten das Essen auf ein Tablett stellen und der Gast dieses Tablett anschließend nimmt. Unser Autor war fest davon überzeugt, dass diese japanische Verhaltensweise bei seinen amerikanischen Kunden in Sachen Kundenbindung Wunder bewirken könnte und führte diese deshalb ein.

Wir wissen nun also, warum unser Autor in dem zitierten Satz von Berührungen und von Amerikanern spricht. Ich bin gespannt, ob wir mit Hilfe unseres Lexikons nun noch herausfinden können, was es mit den Scherflein auf sich hat.

Was das Lexikon sagt

Eine halbe Antwort ist besser als keine Antwort. Danke, liebes Lexikon.

Zu meiner großen Überraschung kennt unser Lexikon die Redewendung „ein Scherflein beitragen“ nicht, doch zum Glück kennt es den Begriff Scherflein.

Scherflein, das; -s, – <Pl. selten> [Vkl. von spätmhd. scher(p)f = eine Scheidemünze, wohl zu mhd. scharben, ahd. scarbon = einschneiden u. eigtl. = Münze mit eingeschnittenem Rand] (geh.): kleiner Geldbetrag (als Spende für etw., jmdn.).

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 19, S. 1997.

Ein Scherflein ist also ein kleiner Geldbetrag, doch irgendetwas sagt mir, dass unser Autor keinen kleinen Geldbetrag meint, wenn er von Scherflein spricht. Lass uns doch einmal schauen, ob unser Internet die Redewendung „ein Scherflein beitragen“ kennt und ob sie uns hilft, den Satz unseres Autors besser zu verstehen.

Was das Internet sagt

Das Internet verrät uns, dass wir die Redewendung „ein Scherflein beitragen“ Martin Luther und seiner Bibelübersetzung verdanken. In Luthers Bibelübersetzung steht:

„Das Scherflein der Witwe.

Und Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das ist ein Heller. Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. Denn sie haben alle von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.“

https://www.bibleserver.com/LUT/Markus12%2C42
100 € haben nicht für jeden den gleichen Wert.

Obwohl die Witwe in diesem Zitat weniger gibt als die reichen Menschen, ist ihr Beitrag im Verhältnis zu ihrem Besitz viel höher als das, was die Reichen im Verhältnis zu ihrem Reichtum gegeben haben.

Ich vermute, dass unser Autor mit der Formulierung „mein Scherflein beitragen“ zum Ausdruck bringen möchte, dass die Einführung der japanischen Geste in einem amerikanischen Geschäft nur ein kleiner Beitrag zum Ganzen war, aber dennoch viel Anerkennung verdient, da dieser kleine Beitrag für den Erfolg des Projektes wichtig war. Er war sozusagen die Kirsche auf der Sahne.

Fazit

Obwohl wir jetzt eine Menge mehr über den Begriff Scherflein wissen, habe ich noch nicht alles erwähnt, was mir bei meiner Internetrecherche an spannenden Informationen begegnet ist. Der Beitrag, der mir den Tipp gegeben hat, dass der Ursprung des Begriffes Scherflein in der  Bibelübersetzung von Luther liegt, enthält eine weiter Information zum Thema Scherflein. Ein Scherflein war zwar ein Zahlungsmittel, aber es war keine ganze, sondern eine halbe Münze, die entstand, wenn ein Pfennig entzwei gebrochen wurde.

Wieder einmal bin ich überrascht, wie viel verborgenes Wissen in kleinen Worten steckt. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich werde die Redewendung nicht in meinen Sprachgebrauch übernehmen, da ich vermute, dass die Mehrheit der Menschen in meinem Umfeld die Bibel Luthers nie gänzlich gelesen haben.

3. November 2023
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4 minBücher
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  1. Holger 26. Juli 2023 at 14:30 - Reply

    „Ein Scherflein ist also ein kleiner Geldbetrag“

    Man kann auch seinen Obolus entrichten, ebenfalls ein kleiner Geldbetrag -> „“Seinen Obolus entrichten“ ist heute eine berühmte Redewendung. Ohne Obolus (griechisch Obolos) unter der Zunge, nahm (oder nimmt?) Fährmann Charon Tote nicht in sein Boot auf“ -> https://www.mythologie-antike.com/t164-charon-mythologie-sohn-des-erebos-und-der-nyx-fahrmann-der-die-toten-zum-eingang-in-den-hades-rudert

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