Weißt Du, was rezipiert bedeutet?

Heute geht es um einen Begriff, der mir wirklich häufig begegnet. Bis jetzt habe ich ihn gedanklich immer mit „zitieren“ übersetzt, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob diese Übersetzung passt. Dank Jonathan Beck, der das Vorwort des Buches von

Jonathan Beck: Eine andere Welt. Bücher, die in die Zukunft weisen

verfasst hat, bekomme ich heute endlich die Gelegenheit, dem Begriff auf den Grund zu gehen. Denn nur wenn wir das tun, können wir verstehen, was Jonathan mit dem folgenden Satz aus seinem Vorwort meint:

„Wir haben über hundert Autorinnen, Autoren und dem Verlag nahestehende Personen gebeten, ein Buch zu präsentieren, ganz gleich in welcher Sprache und wann erschienen, das Orientierung für unsere Zukunft bietet und daher ebenso breit wie andauernd rezipiert werden sollte, auch wenn es vielleicht (noch) nicht zu den bekannten Klassikern gehört.“

S. 23.

Auch wenn unser Lexikon kein Buch sein mag, dass andauernd rezipiert werden sollte, weil es nicht in Jonathans Buch auftaucht, werde ich nun zum Bücherregal stapfen und unser Lexikon um ein Zitat bitten.

Was das Lexikon sagt

Unser Lexikon erfüllt uns unsere heutige Bitte und hält den folgenden Eintrag für uns bereit:

„re|zi|pie|ren <sw. V.; hat> [lat. recipere = ein-, aufnehmen] (bildungsspr.): a) fremdes Gedanken-, Kulturgut aufnehmen, übernehmen; b) einen Text, ein Kunstwerk als Leser, Hörer od. Betrachter aufnehmen“

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 19, S. 1908.

Wenn ich mir den Lexikon-Eintrag so anschaue, habe ich die Vermutung, das Jonathan den Begriff rezipiert synonym zu aufgenommen verwendet und sein Satz somit wie folgt lautet:

„Wir haben über hundert Autorinnen, Autoren und dem Verlag nahestehende Personen gebeten, ein Buch zu präsentieren, ganz gleich in welcher Sprache und wann erschienen, das Orientierung für unsere Zukunft bietet und daher ebenso breit wie andauernd aufgenommen werden sollte, auch wenn es vielleicht (noch) nicht zu den bekannten Klassikern gehört.“

Ganz überzeugt bin ich allerdings nicht, daher werden wir nun das Internet nach einer weiteren Definition unseres heutigen Begriffes befragen.

Was das Internet sagt

Die meisten Seiten, die ich mir im Internet angeschaut habe, definieren unseren heutigen Begriff genau so wie unser Lexikon. Lediglich auf der Webseite pons.de habe ich eine etwas andere Definition des Begriffes gefunden:

„etwas geistig aufnehmen und verarbeiten“

In meinen Augen passt das perfekt in den Satz unseres Autors, der dann lauten würde:

„Wir haben über hundert Autorinnen, Autoren und dem Verlag nahestehende Personen gebeten, ein Buch zu präsentieren, ganz gleich in welcher Sprache und wann erschienen, das Orientierung für unsere Zukunft bietet und daher ebenso breit wie andauernd aufgenommen und verarbeitet werden sollte, auch wenn es vielleicht (noch) nicht zu den bekannten Klassikern gehört.“

Fazit

Dank unserer heutigen Recherche weiß ich nun endlich, dass rezipieren nicht zitieren bedeutet und werde es in Zukunft hoffentlich richtig für mich übersetzen. Zum habe ich am Rande meiner Recherche auch gesehen, dass die Rezeption, die wir aus Hotels kennen, vom gleichen lateinischen Wort abstammt wie rezipieren. An der Rezeption werden Menschen (in ein Hotel) aufgenommen, beim Rezipieren wird etwas aufgenommen und verarbeitet. Ich hoffe, dass dieser kleine Vergleich sich in mein Gedächtnis einbrennt und somit dafür sorgt, dass ich den Begriff nicht erneut nachschlagen muss.

An dieser Stelle bin ich neugierig: Welches Buch hättest Du Jonathan vorgeschlagen, wenn er Dich darum gebeten hätte, eines auszuwählen?