Brauchen wir den Händedruck noch, oder kann der weg?

Keine Ahnung, lass uns mal schauen.

Heute geht es um eine Handlung, die ich bis 2019 nie ernsthaft in Frage gestellt habe. Bis zu diesem Jahr war es für mich selbstverständlich, einem anderen Menschen die Hand zu geben. Die einzigen Fragen, die mir zu dem Thema je in den Sinn kamen, waren, wie fest sollte der Händedruck sein und wie verhindere ich, dass ein Händedruck unangenehm ist, weil ich zum Beispiel schwitze.

Im Jahr 2020 hat sich dies geändert. Für eine lange Zeit war es völlig normal, gänzlich auf einen Händedruck zu verzichten, da um alles in der Welt verhindert werden sollte, dass diese Geste zu einer Erkrankung des Gegenübers führen würde.

Seitdem steht für mich die Frage des ob und nicht mehr des wie im Vordergrund. Jede persönliche Begegnung beginnt nun irgendwie unbeholfen. Es gibt nicht mehr die feste Regel, sich die Hand zu geben, sondern die Regel herauszufinden, womit sich das gegenüber wohl fühlt. Für mich bedeutet das, dass ich keinesfalls die Hand gebe, wenn ich auch nur den Hauch eines Verdachtes habe, dass mein Körper gerade mit Viren oder Bakterien belastet ist. Ein Handgeben findet inzwischen nur noch nach einem klaren Okay meines Gegenübers statt. Wenn es das nicht gibt, gibt es keinen Händedruck.

Obwohl ich in den letzten Jahren das Thema Händeschütteln mehr als je zuvor auf dem Schirm hatte, bin ich nie auf die Idee gekommen, mich zu fragen, warum wir uns jahrhundertelang die Hände gegeben haben. Daher war ich sehr überrascht, als ich in dem Buch von

Friederike Fabritius, Hans W. Hagemann: Neurohacks. Gehirngerecht und glücklicher arbeiten

den Grund dafür erfuhr:

„Dieser Brauch [einander die Hände zu schütteln], der früher den praktischen Zweck erfüllte, zu beweisen, dass man keine Waffe in der Hand hatte, dient auch einem neurologischen Zweck: Er hemmt die Bedrohungsreaktion und erzeugt ein stärkeres Gefühl der Verbundenheit, indem er zur Freisetzung einer kleinen Menge Oxytocin führt.“

S. 60.

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass die Prüfung auf Waffen der Grund für ein Händeschütteln sein könnte. Tatsächlich frage ich mich, ob dies die einzige Begründung für diese uralte Tradition ist. Lass uns doch einmal schauen, was das Internet dazu zu sagen hat.

Gründe für das Händeschütteln

Ich gebe Dir die Hand, weil ich Dich mag.

Die Webseite Salzburg24 stellt klar, dass das ehemals so selbstverständliche Händeschütteln keine weltweite sondern eine Tradition der westlichen Welt war. Wann und wie die Tradition entstanden ist, kann der Autor des Webseitenbeitrages nicht sagen. Doch Münzen aus der Antike, die Handschläge zeigen, beweisen ihm, dass diese Tradition viele tausend Jahre alt ist und als Symbol der Eintracht gewertet werden kann. Neben der Waffenlosigkeit werden in diesem Artikel auch

  • Nähe vermitteln
  • Hierarchien abmildern
  • bessere Einschätzung des Gegenübers (z.B. ist er schwach, stark oder nervös)

als Gründe für das Händeschütteln genannt.

Wikipedia verrät uns weitere Gründe für das Händeschütteln, die es im Verlauf der Zeit gab:

  • Zugehörigkeit zu Gruppen zeigen (Pfadfinder begrüßen sich mit der linken, nicht mit der rechten Hand)
  • Geruchsprobe des Gegenübers nehmen (😲)
  • Ausdruck der Verbundenheit
  • Zeichen der Freundschaft
  • Symbolisierung der Einheit der deutschen Arbeiterbewegung
  • Akzeptanz der französischen Tradition bei der Einbürgerung in das Land
  • Vertragsschluss
  • Friedensgruß im Gottesdienst
  • einschätzen, wie lange das Gegenüber noch leben wird (in Arztpraxen bei älteren Patienten)
  • Zugehörigkeit zum gleichen Geschlecht
  • Signalisieren der Hierarchie (Hinduismus)
  • Verbundenheit.

Vertrauen zum Ausdruck bringen kann auch ein Grund für das Händeschütteln sein, schreibt National Geographic.

Fazit

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber aus meiner Sicht kann das nahezu zwanghafte Händeschütteln aus der Zeit vor 2020 getrost da bleiben, wo es ist: In der gesellschaftlichen Mülltonne. Ich genieße es sehr, keine verschwitzen, zaghaften, aufdringlichen oder halbherzige Händedrücke mehr zu erleben. Dieser kurze Moment des Abstimmens, der inzwischen an die Stelle der Selbstverständlichkeit getreten ist, ist aus meiner Sicht eine Bereicherung. Er sorgt nicht nur dafür, dass meine persönlichen Begegnungen persönlicher werden, weil ich sofort erfahre, wie es meinem Gegenüber geht und was ihn beschäftigt, sondern auch individueller. Bei manchen Begegnungen einigen wir uns auf ein kurzes Winken, andere beginnen mit einem schnellen Fistbump, wieder andere mit einer Umarmung. Jede Begrüßung an sich gibt meinem Gegenüber und mir genau das, was wir in dieser Situation wollen und respektiert dabei die Grenzen des anderen.

Unsere heutige Internetrecherche bestärkt mich in meinem Empfinden, dass das Zwangshändeschütteln in die Tonne gehört. Das Händeschütteln war eine westliche Begrüßungstradition, in anderen Teilen der Welt gibt es andere Begrüßungstraditionen, wie zum Beispiel das Verbeugen. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, dass an die Stelle des Händeschüttelns andere international übliche Begrüßungsformeln treten.

Sollte das Händeschütteln aus der Welt verschwinden, macht es aus meiner Sicht allerdings Sinn, sich Gedanken darüber zu machen, wodurch der eigene Körper stattdessen das möglicherweise für die Stressreduzierung hilfreiche Oxytocin herbekommt. Unsere Autorin nennt Haustier oder Partner kuscheln als mögliche Alternativen zum Händedruck mit Kollegen oder Klienten. Die Webseite cerascreen ergänzt die Liste um Massagen.

An dieser Stelle bin ich neugierig: Welche Begrüßungen nutzt Du gern als Alternative für das Händeschütteln?

29. November 2023
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