Weißt Du, was der Dunning-Kruger-Effekt ist?

Heute geht es um einen Effekt, der uns schon zwei Mal am Rande begegnet ist, als wir uns mit den folgenden Fragen beschäftigten:

Folgende Fragen haben wir schon beantwortet.
  1. Ist es gut oder schlecht, wenn wir uns für überdurchschnittlich halten?
  2. Wer hat die geringere Selbstmordrate, Länder, deren Bevölkerungen als unglücklich gelten oder Länder, die als glücklich gelten?

Dank des Autors

Gerd Kulhavy: Unternehmer-Strahlkraft. Vom Hidden Champion zum Leuchtturm der Branche

schauen wir uns den Dunning-Kruger-Effekt heute genauer an. Ich habe den Effekt in meinen zwei Texten als Begründung dafür angeführt, dass es Umfragen gibt, bei denen 90 % der Befragten sich für bessere Autofahrer halten. Das bedeutet, dass sich in diesen Umfragen die Mehrheit der Befragten besser einschätzt als sie ist.

Wie der Effekt bei Experten für schlechte Selbstvermarktung sorgt

Gerd geht in seinem Buch nicht auf mein Autofahrer-Beispiel ein, sondern zeigt eine andere Tücke des Dunning-Kruger-Effekts auf. In den Befragungen tendieren Menschen mit wenig Wissen in einem bestimmten Bereich dazu, sich zu überschätzen und Menschen mit viel Wissen in einem Bereich dazu, sich zu unterschätzen. Der Grund dafür ist, dass Menschen mit wenig Wissen in einem Bereich schlichtweg nicht wissen, was sie nicht wissen.

Ich weiß viele Dinge.

Ich halte zum Beispiel Licht einschalten für etwas ganz Einfaches und leicht zu Erklärendes. Ich drücke einfach auf den Lichtschalter und schon ist es Licht. Experten in diesem Bereich sehen die Sache mit dem Licht anschalten differenzierter, denn sie wissen, dass es zum Licht anmachen mehr braucht als

  • jemanden, der Licht anmacht und
  • einen Lichtschalter.

Damit das Licht angeht, muss

  • der Lichtschalter korrekt ans Stromnetz angeschlossen sein,
  • ein Stromnetz existieren,
  • Strom in genau dem Moment zur Verfügung stehen, in dem der Schalter betätigt wird und
  • wahrscheinlich noch ein paar Dinge mehr, die ich gerade nicht auf dem Schirm habe.

Während ich mir also aufgrund meiner Unwissenheit hinsichtlich des Lichts absolut sicher bin, dass ich die Sache mit dem Licht binnen Sekunden erklären kann, wird ein Experte dies vielleicht nicht so schnell erklären können, da meine Erklärung für ihn nicht die ganze Erklärung, sondern erst deren Anfang ist.

Dank Gerd habe ich gelernt, dass der Dunning-Kruger-Effekt dafür sorgen kann, dass ein umfangreiches Wissen bei der Selbstvermarktung im Weg stehen kann. Nun frage ich mich, ob es noch mehr Dinge gibt, die ich über den Effekt nicht weiß. Daher schauen wir uns diesen heute etwas genauer an.

Ein Detektiv, der nach links schaut und eine Pfeife raucht.
Okay, gehen wir der Sache doch mal wirklich auf den Grund.

Wer hat den Effekt entdeckt?

Zu meiner großen Freude verrät uns Gerd, wer den Effekt wann entdeckte:

„Die US-Psychologen David Dunning und Justin Kruger machten 1999 ein Experiment, in dem sie herausfinden wollten, wie zuverlässig Studenten ihre kognitiven Fähigkeiten einschätzten. Dazu befragten sie die Probanden und führten parallel kognitive Leistungstests mit ihnen durch. Ergebnis: Je schlechter die Studenten in den Tests abschnitten, umso mehr waren sie von ihren Fähigkeiten überzeugt.“

S. 54.

Zudem ist der Absatz mit der Erklärung mit einer Fußnote versehen, die uns verrät, dass die beiden Wissenschaftler ihre Ergebnisse in folgendem Artikel mit der Welt teilten:

Justin KRUGER, David DUNNING: Unskilled and Unaware of It: How Difficulties in Recognizing One’s Own Incompetence Lead to Inflated Self-Assessments

Der englischsprachige Artikel ist keine 20 Seiten lang und kostenlos im Internet einsehbar. Daher werde ich diesen nun lesen und hier all das Wissen über den Dunning-Kruger-Effekt auflisten, das ich bis jetzt nicht wusste.

Welche Experimente haben Dunning und Kruger durchgeführt?

Alle Experimente im oben genannten Texte wurden mit Studenten durchgeführt. Beim

Ein Herz mit Armen und beinen, dass sich die Hand vor den lachenden Mund hält
Das ist voll lustig.
  • ersten Experiment mussten die Teilnehmenden Witze nach ihrer Witzigkeit beurteilen,
  • zweiten Experiment Wissensfragen beantworten,
  • dritten Experiment Grammatikaufgaben lösen,
  • vierten Experiment (das ich nicht verstehe) ging es um die Sichtung der Ergebnisse des dritten Experiments durch die schlechtesten und besten Teilnehmer,
  • fünften Experiment ging es um das logische Denken und
  • sechsten Experiment ging es um das gerade frisch trainierte logische Denken.

Bei allen Experimenten ging es darum herauszufinden, wie die Teilnehmenden tatsächlich abschnitten. Zudem sollten die Teilnehmenden in einigen Experimenten schätzen, wie gut sie im Vergleich zu den anderen Teilnehmenden abgeschlossen hatten.

Das Fazit, das die beiden Wissenschaftler aus allen Experimenten ziehen, ist, dass

  • Teilnehmer mit schlechten Ergebnissen davon ausgehen, dass die anderen Teilnehmer auch schlecht oder schlechter waren und daher schätzen sie sich als überdurchschnittlich ein,
  • Teilnehmer mit guten Ergebnissen davon ausgehen, dass die anderen Teilnehmer auch gut oder besser waren und daher schätzen sie sich auch als unterdurchschnittlich ein.

Kann Orangensaft Bankräuber vor Verhaftungen schützen?

Der Artikel der beiden Wissenschaftler beginnt mit der Geschichte eines Bankräubers, der an dem gleichen Tag verhaftet wurde, an dem er zwei Banken ausgrraubt hatte. Der Räuber McArthur Wheeler verzichtete darauf, bei seinen Banküberfällen im Jahr 1995 eine klassische Maske zu tragen, die zum einen die Atmung erschwert und zum anderen das Sichtfeld einschränkt. Stattdessen rieb er sich das Gesicht mit Zitronensaft ein.

Zitronensaft-Experten, die dieses YouTube Video gesehen haben, wissen, dass dieser geradezu magische Fähigkeiten hat. So kann Zitronensaft z. B. genutzt werden, um geheime Nachrichten zu übermitteln. Unser Bankräuber traute dem Getränk noch mehr zu. Er war der festen Überzeugung, dass Zitronensaft im Gesicht dafür sorgt, dass Videokameras das Gesicht nicht erkennen können. Also rieb er sich das Gesicht mit Zitronensaft ein, raubte am helllichten Tag zwei Banken aus und lernte am gleichen Tag, dass der Saft für die Videokameras der Bank keine Hürde darstellte.

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Der Überdurchschnittlichkeitseffekt

Ich bin auf jeden Fall besser als der Durchschnitt.

Dass die Mehrheit der Befragten sich für überdurchschnittlich halten ist dem above average effect geschuldet. In Experimenten wurde ermittelt, dass dieser Überdurchschnittlichkeitseffekt dafür sorgt, dass

  • Schüler ihre Fähigkeiten in Führung, Umgang mit anderen und schriftlichem Ausdruck überschätzen,
  • Wirtschaftsmanager sich für fähiger halten als normale Manager und
  • Fußballer sich für klüger halten als ihre Teammitglieder.

Wo greift der Dunning-Kruger-Effekt und wo greift er nicht?

Alle Experimente der beiden Wissenschaftler belegen den Effekt. Am Ende ihres Aufsatzes schreiben die beiden, dass der Effekt aber nicht überall greift. In einer Umfrage, ob man selbst besser als Michal Jordan Basketball spielt, würden sich wohl die meisten als schlechtere Spieler bezeichnen. Hier wissen einfach alle Befragten, dass der Mann definitiv besser spielt als sie selbst.

Ich vermute, dass der Dunning-Kruger-Effekt uns nur dann betrifft, wenn wir mit den anderen Menschen, mit denen wir uns vergleichen, etwas gemeinsam haben. Beim Autofahren haben wir die gleiche Führerscheinprüfung abgelegt und nutzen die gleichen Straßen, bei den Experimenten unserer Wissenschaftler waren alle Teilnehmenden Studenten. Hätte ein Student sich mit Kindergartenkindern beim logischen Denken verglichen, hätte er sich wahrscheinlich immer völlig zurecht als überdurchschnittlich bewertet.

Fazit

Heute habe ich wieder etwas mehr über den Dunning-Kruger-Effekt gelernt, wobei ich noch immer das Gefühl habe, dass ich nicht alles verstanden habe. Ich bewundere Wissenschaftler, die solche Effekte entdecken, denn ich wäre dazu aufgrund meines mangelnden experimentellen Wissens nicht in der Lage.

Wenn ich mir die Ergebnisse der Experimente in den Grafiken anschaue, sehe ich, dass sie sich zum Teil zwischen 50 Prozent und 80 Prozent  und zum Teil zwischen 10 Prozent und 95 Prozent bewegen. Leider gehöre ich zu den Menschen, die mit auf solchen Grafiken basierenden Aussagen nur schwer etwas anfangen können, selbst wenn diese auf 20 Seiten Text erläutert werden. In meinen Augen zeigen die Grafiken nur, dass kein Befragter je dachte, dass er unterdurchschnittlich war und kein Befragter je glaubte, dass er der Beste von allen war. Alle Befragten schätzten sich als durchschnittlich oder überdurchschnittlich ein. 

21. Mai 2024
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7 minBücher
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Buchcover Gerd Kulhavy: Unternehmer-Strahlkraft. Vom Hidden Champion zum Leuchtturm der Branche
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.

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  1. Holger Fischer 21. Mai 2024 at 11:24 - Reply

    Was diese Selbstüberschätzung betrifft, so gibt es auch den Begriff Hybris (Übermut, Anmaßung und Selbstüberschätzung). Die Hybris wird allerdings eher mit Absicht begangen, es erscheint so, dass es einen Unterschied gibt: Der Dunning-Kruger-Effekt passiert wohl eher ohne Absicht, also aus Unwissenheit ->

    https://www.mythologie-antike.com/t297-hybris-mythologie-gottin-bzw-halbgottin-nymphe-die-ubermut-und-anmassung-personifiziert

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