Weißt Du, was ein Cul-de-Paris ist?

Heute geht es um einen Begriff, der mir noch nie zuvor begegnet ist. Dennoch bin ich mir ziemlich sicher, dass ein Cul-de-Paris ein Kleidungsstück ist, da ich den Begriff in folgendem Satz gelesen habe:

Trage ich einen Cul de Paris?

„Als ich vier Jahre alt geworden war, stand richtig unter dem Weihnachtsbaum ein kleiner mausgrauer Koffer mit einem Unterrock, einem Paar schwarzer Strümpfe und einem Cul-de-Paris aus schwarzem Organdi – scheinbar die wichtigsten Dinge für eine Ozeanfahrt.“

S. 12.

Der Satz steht in dem Buch von

Alma M. Karlin: Ein Mensch wird. Auf dem Weg zur Weltreisenden.

Bevor mir das Buch, das eine Autobiografie ist, auf dem Bücherfest 2024 in die Hände fiel, kannte ich die Autorin nicht. Zum Glück hat sich das an diesem Tag geändert. Denn Alma gehört zu den Menschen, deren Geschichte ich gern erzählen möchte, weil sie unter zahlreichen Gesichtspunkten beeindruckend ist. Heute ist es nichts ungewöhnliches mehr, wenn eine Frau eine Weltreise antritt. Doch als die 1889 in Österreich-Ungarn geborene Alma das tat, war es das noch. Hinzu kommt, das Alma kein gesundes Wunschkind war, sondern, möglicherweise aufgrund des hohen Alters ihrer Mutter bei ihrer Geburt mit so starken körperlichen und gesundheitlichen Einschränkungen zur Welt kam, dass es Ärzte gab, die davon ausgingen, dass das Kind früh sterben würde.

Doch die halbseitig gelähmte Alma strafte die Ärzte Lügen und starb erst 1950, als sie das sechzigste Lebensjahr bereits überschritten hatte. In den Jahrzehnten zwischen der Geburt und ihrem Tod machte sie unter anderem die bereits angesprochene Weltreise, die sie sich, wenn wir uns unser heutiges Zitat anschauen, schon früh in den Kopf gesetzt zu haben scheint. Denn die Reisegeschenke unter dem Weihnachtsbaum verdankt sie dem Ausspruch „Ich geh‘ nach ‚merika“, den das Kind immer kundtat, wenn ihr etwas verboten wurde.

Nachdem wir nun wissen, in welchem Kontext unser heutiges Zitat auftaucht, ist die Zeit gekommen, unser Lexikon nach unserem heutigen Begriff zu fragen.

Was das Lexikon sagt

Unser Lexikon hält heute zwei passende Beiträge bereit, von denen ich nur einen zitiere, da die beiden fast deckungsgleich sind.

Cul de Paris [kyd(ə)pa’ri; frz. »Gesäß von Paris«] der, Polster oder Halbreifengestell, Ende des 17. Jh. (unter der Bez. Bouffanten) und in den 1880er-Jahren über dem Gesäß unter dem Frauenkleid getragen.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 03, S. 193.
Eine Vogelscheuche, auf deren Kopf ein Vöglechen sitzt, dass sich ein wenig von dem Stroh geschnappt hat, mit dem die Vogelscheuche gefüllt ist
Ich hab keinen Cul de Paris.

Da ich in Sachen Mode nicht sehr bewandert bin, habe ich Schwierigkeiten, die Informationen, die uns unser Lexikon gibt, perfekt einzuordnen, geschweige denn mir vorzustellen, wie genau dieses Polster bzw. das Halbreifengestell ausgesehen hat. Lass uns daher einmal schauen, ob das Internet uns dieses Kleidungsstück, bzw. dessen Wirkung zeigen kann.

Was das Internet sagt

Dieses YouTube Video zeigt nicht nur die Polsterversion des Cul De Paris, sondern erklärt auch gleich, wie dieser genäht werden kann. Das halbrunde Kissen, dass ein wenig an einen vollen Halbmond erinnert wird mit einem Band um die Hüfte gebunden. Dank des Kissens, das unter dem Kleid getragen wird, wirkt das Gesäß der Trägerin größer. Auch das Halbreifengestell, das unser Lexikon erwähnt, taucht in diesem Video kurz nach Minute 2 in Form eines Schaubildes auf.

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Wikipedia geht auf die modische Entwicklung des Cul de Paris ein und zeigt auf 4 Bildern, wie sich dieser in den 200 Jahren, in denen er immer mal wieder in Mode war, verändert hat.

Fazit

Wir wissen nun, was ein Cul de Paris ist. Meine anfängliche Irritation, dass so etwas für ein kleines Kind existiert, wurde durch das YouTube Video und das hierin gezeigte Kissen wieder aufgelöst. Mein fehlendes modisches Verständnis und meine mangelnden Erfahrung erkennen in dem Kissen sogar den ein oder anderen praktischen Nutzen. Eine Kissenvariante des Cul de Paris wäre auf längeren Flugreisen doch super, da er fast die Form eines Nackenkissens hat. Auch für Kinder, die öfter mal auf den Po fallen, wäre das Ding eine großartige Ergänzung, da es den Fall weicher ausfallen lassen kann. Wer weiß, vielleicht erlebt er so noch einmal ein Revival in unserem Jahrtausend.

13. September 2024
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.

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13. September 2024
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