Weißt Du, was ein Luddit ist?

Ich liebe Autoren, die sich die Mühe machen, jeden Begriff, der nicht zur alltäglichen Sprache gehört, zu erläutern. Der Autor

Azeem Azhar: Exponential. Wie wir mit der Geschwindigkeit technologischer Revolutionen Schritt halten können

Sorry, ich finde die Info nicht.

gehört zu diesen großartigen Menschen. Ich bin mir zu 98 Prozent sicher, dass Azeem den Begriff Luddit zu Beginn seines Buches erklärt hat. Mein Problem ist, dass meine grauen Zellen diese Erklärung nicht abgespeichert haben, und ich daher nicht verstehe, was unser Autor uns mit dem folgenden Satz sagen möchte

„Allzu viele Menschen, sagt Jasanoff, denken, dass man irgendwie primitiv ist, ein Luddit, wenn man sich der Technologie widersetzt.“

S. 325.

Leider verfügt das Buch weder über ein Glossar noch über ein Schlagwortverzeichnis, mit dessen Hilfe ich Azeems Erklärung des Begriffes schnell nachschlagen könnte. Und ich bin zu faul, um das Buch nach der Erklärung zu durchkämmen. Daher greifen wir nun wieder einmal zum Lexikon, um eine Antwort auf unsere Frage zu finden.

Was das Lexikon sagt

Wieder einmal haben wir Glück und finden die Antwort auf unsere Frage in unserem Lexikon.

Ludditen, Bez. aufrührer. Arbeiter in England, die 1811/12 und 1816 in den Textilfabriken Maschinen zerstörten; ben. nach dem Arbeiter Ned Ludd aus Leicester, der Geräte für eine Strumpfwirkerei vernichtet haben soll.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 09, S. 151.

Warum zerstörten die Ludditen Maschinen?

Ich hab doch gar nix getan…

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich England mitten in der Industrialisierung. Im Rahmen der Industrialisierung veränderte sich die Arbeit der Menschen massiv. Immer mehr Menschen zogen in die Städte, um hier in Fabriken als Arbeiter Dinge zu produzieren, um Geld zu verdienen.

Da ich vor einiger Zeit begonnen habe, „Das Kapital“ von Karl Marx zu lesen, weiß ich, dass die Arbeit der Menschen damals wenig mit dem 8-Stunden-Tag zu tun hatte, den wir heute erleben. Die Arbeitstage, die Marx beschreibt, sind extrem lang, extrem anstrengend und nehmen keinerlei Rücksicht auf den Menschen und sein Leben. Die Menschen werden gnadenlos wie Maschinen behandelt. Kinder arbeiten in Fabriken, weil ihre Hände klein sind und sie damit an Stellen kommen, an die erwachsene Arbeiter nicht herankommen.

Wer damals eine Maschine besaß und eine Fabrik betrieb, hatte viel Geld für die Maschine bezahlt. Das Problem war, dass sich Maschinen zu dieser Zeit rasant weiterentwickelten und angeschaffte Maschinen schnell veralteten, während die Preise für Produkte am Markt fielen, weil das Warenangebot nicht mehr knapp war. Die Fabrikbesitzer befanden sich also in einer Art Wettlauf gegen die Zeit. Sie setzten alles daran, so viel wie möglich mit der teuren Maschine zu produzieren. Eine Maschine, die rund um die Uhr lief, verdiente mehr Geld als eine Maschine, die nur 8 Stunden am Tag lief.

Jede Maschinen-Generation wurde „intelligenter“ als die vorherige. Gleichzeitig wurde die notwendige menschliche Arbeit in so kleine Arbeitsschritte zerlegt, dass diese sehr schnell erlernt werden konnten. Jede Maschinen-Generation stellte geringere Wissensanforderungen an die Arbeiter. Die ersten Maschinen brauchten noch Facharbeiter für einen reibungslosen Betrieb. Die Ludditen waren Textil-Facharbeiter. Sie sahen die Entwicklung und den drohenden Arbeitsplatzverlust. Wer zahlt schon einen teuren Facharbeiter, wenn ein Ungelernter den Job auch machen kann und nur einen Bruchteil kostet? Die Zerstörung der Maschinen durch die Ludditen war ein erfolgloser Versuch, diese Entwicklung aufzuhalten.

Was uns unser Autor sagen möchte

Beim Lesen unseres Lexikon kam mir die Erklärung sehr bekannt vor. Ich bin mir daher sehr sicher, dass sich das Zitat unseres Autors auf die Arbeiter bezieht, die vor 200 Jahren Maschinen zerstörten.

Das Buch unseres Autors widmet sich dem Thema „Exponentielles Wachstum“.  Exponentielles Wachstum ist ein Wachstum, das sehr langsam beginnt und ab einem Punkt so schnell ist, dass es einen fast überrollt. Wir kennen das exponentielle Wachstum vom Zinseszins-Effekt, der in diesem YouTube Video leicht verständlich erklärt wird.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Unser Autor zeigt zahlreiche Beispiele für das exponentielle Wachstum auf, das wir in den letzten Jahren erlebt haben. Dieses Wachstum fand in der realen Welt statt und richtet sich daher nicht nach einer sauberen mathematischen Formel wie beim Zinseszins-Effekt. Doch die Kurve, die das Wachstum auf einem Koordinatensystem darstellt, erinnert stark an die des Zinseszinses. Produkte wie das Smartphone und die Sozialen Medien sind Beispiele für Technologien, die die Welt mit ihrem exponentiellen Wachstum förmlich überrannt haben.

Wir können die technische Entwicklung steuern.

Die von Azeem zitierte Sheila Jasanoff ist Ethikerin an der Harvard University. Sie ist der Überzeugung, dass die rasante Entwicklung der Technik nichts ist, was wir einfach akzeptieren müssen. Technik wird von Menschen entwickelt.

Die Technik folgt keinem unaufhaltsamen Naturgesetz. Wir können die Entwicklung von Technik beeinflussen. Wir müssen nicht damit leben, dass Roboter mit Künstlicher Intelligenz irgendwann die Welt beherrschen und die Menschheit versklaven. Wir können Regeln aufstellen, die dafür sorgen, dass diese dystopische Vorstellung nie Realität wird. Damit diese Regeln greifen müssen wir sie früh genug aufstellen. Damit die Regeln greifen, bevor das exponentielle Wachstum einer Technologie wie der Künstlichen Intelligenz Realität wird.

Als Ethikerin beschäftigt sich Sheila mit der Frage, was ist richtig und was ist falsch? Was sollte erlaubt sein und was nicht? Wann überwiegen die Chancen, wann die Risiken? Das sind wichtige Fragen. Fragen, die unter anderem dafür sorgen, dass wir unsere Nieren heute nicht einfach legal verkaufen können, weil wir dringend Geld brauchen. Sheila beschreibt das Problem, dass Menschen, die wichtige ethische Fragen in Bezug auf neue Technologien stellen, schnell den Stempel primitiver Technologiefeindschaft bekommen. Dabei sind genau diese Menschen wichtig, weil sie es sind, die uns dabei helfen, Technologien zu entwickeln, die dem Menschen nützlich sind.

Fazit

Im Vergleich zu den Zeiten der Industrialisierung sind unsere heutigen Arbeitszeiten geradezu paradiesisch. Selbst den 10-Stunden-Tag, den Karl Marx in „Das Kapital“ forderte, haben wir hinter uns gelassen. Die Industrialisierung hat zahlreiche Menschenleben gekostet. Die Arbeiter haben sich aufgelehnt, sich zusammengeschlossen und in vielen kleinen Schritten die heutige Arbeitswelt mitgestaltet.

Obwohl die heutige Arbeitswelt viel besser ist als früher, ist sie bei weitem nicht perfekt. Durch neue Technologien wie Gig-Plattformen entstehen immer wieder neue Arbeitsmodelle, die für Arbeiter problematische Folgen haben können.

Die Technologien, die wir entwickelt haben und weiterhin entwickeln, haben in meinen Augen das Potenzial, die Art, wie wir arbeiten zu verändern, z. B. die Arbeitszeit zu reduzieren. Ich wünsche mir, dass es uns bald gelingt, als Gesellschaft kurz innezuhalten und Fragen wie die folgenden zu stellen und zu beantworten:

  • Was für eine Arbeitswelt wollen wir?
  • Brauchen wir einen 8-Stunden-Tag?
  • Ist es fair, dass mache Menschen so viel Geld haben, dass sie es gar nicht ausgeben können und andere nicht genug haben, um sich ordentlich zu ernähren?
  • Ist es fair, dass ein Mensch nach einem vollen Arbeitsleben Pfandflaschen aus Mülleimern sammeln muss, um über die Runden zu kommen?
  • Ist es klug, Kinder zu bekommen und nur wenig Zeit für diese zu haben, weil ein 8-Stunden-Tag benötigt wird, um die Familie zu finanzieren?
  • Wollen wir bis zu einem Alter von 67 Jahren Vollzeit arbeiten, um dann im Alter endlich das Leben zu leben, von dem wir immer geträumt haben, um dann festzustellen, dass unser Körper und unsere Finanzen uns gar nicht erlauben, das zu tun?

Wenn auch nur eine dieser Fragen ein „Nein“ als Antwort erhält, ist es in meinen Augen an der Zeit, noch einen weiteren Schritt zurückzutreten und Antworten auf die folgenden Fragen zu suchen:

  • Was für eine Arbeitswelt wollen wir?
  • Wie kann uns Technologie dabei unterstützen, diese Arbeitswelt zu erschaffen?

Ich denke, dass diese Fragen uns dabei helfen können, die Zukunft der Arbeit zu gestalten. Aus diesem Grund bin ich sehr gespannt, wie Deine Antworten lauten. Und noch gespannter bin ich darauf, zu erfahren, welche Fragen aus Deiner Sicht in den beiden Listen fehlen.

27. Februar 2024
Werbehinweis, der besagt, dass das Buch zu diesem Beitrag von einem Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.
Lesedauer & Kategorie
7 minBücher
Schnellnavigation
Buchcover zum Beitrag
Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.
Schlagwörter
Autor
Werbehinweis, der besagt, dass das Buch zu diesem Beitrag von einem Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.
6,9 min readCategories: Bücher

Schnellnavigation

Buchcover zum Beitrag

Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.

Schlagwörter

Datum & Autor

27. Februar 2024
Werbehinweis, der besagt, dass das Buch zu diesem Beitrag von einem Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.Weißt Du, was der Iconic Turn ist?
Sagt Google Grippewellen voraus, indem es meine E-Mails liest?

Kommentiere den Beitrag

Was passiert nach Deinem Kommentar?

Nachdem Dein Kommentar durch uns geprüft wurde, wird er freigegeben* und erscheint unter diesem Beitrag zusammen mit dem von Dir angegebenen Namen. Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Sie dient uns an dieser Stelle in erster Linie zum Schutz vor Spam. Wenn Du Deine E-Mail-Adresse nicht hier angeben möchtest, kannst Du den Kommentar auch gern auf einem unserer Social Media Profile posten.

 

*Spam und Kommentare, die nur einen Backlink für die eigene Seite zum Ziel haben, werden einfach gelöscht. Nimm gern Kontakt mit uns auf und lass uns die Möglichkeiten eines Sponsored Post besprechen, wenn Du gern einen thematisch passenden Backlink unter einem bestimmten Beitrag platzieren möchtest.