Weißt Du, was eine Ketsch ist?

Mir ist dieser Begriff völlig unbekannt. In dem Buch von

Martin Lindstrom: Plädoyer für den gesunden Menschenverstand. 5 Schritte für mehr Lebensqualität und weniger Bürokratie am Arbeitsplatz

habe ich folgenden Satz gelesen und vermute deshalb, dass eine Ketsch eine Art Boot ist. Unser Autor schreibt:

„Man erkennt den Rost an den Bojen, das Gerippe einer gekenterten Ketsch und die Rissströmungen, in denen ein Mitarbeiter rasch auf das Meer hinaus abtreiben kann.“

S. 93.

Lass uns doch einmal schauen, ob unser Lexikon uns mit einem passenden Eintrag zu erhellen vermag.

Was das Lexikon sagt

Das Lexikon sagt nichts. Weder im Lexikon- noch im Wörterbuchteil taucht der Begriff Ketsch auf. Ich bin gespannt, ob das Internet unseren heutigen Begriff mit Inhalt füllen kann.

Was das Internet sagt

Der erste Treffer, den mir die Suchmaschine in Bezug auf unseren heutigen Begriff auswirft, ist die Information, dass es in Baden-Württemberg eine Gemeinde namens Ketsch gibt. Da eine Gemeinde nicht kentern kann, ist dies mit ziemlicher Sicherheit nicht die Ketsch, die unser Autor meint.

Wikipedia verrät uns, dass wir mit unserer Vermutung fast richtig lagen. Eine Ketsch kann auch ein Schiffstyp sein.

Eine Ketsch ist ein Segelboot mit einem kleinen und einem großen Mast, ein sogenannter Anderthalbmaster. Sie wurde Mitte der 17. Jahrhunderts für die Fischerei entwickelt und trägt bis zu 50 Tonnen Gewicht. Laut der Webseite blausssegler.at hat eine Ketsch aber auch außerhalb des Fischfangs ihre Berechtigung. Sie kann auch für eine Weltreise auf dem Meer dienen.

Warum schreibt unser Autor über ein Segelboot?

Nachdem wir nun wissen, dass eine Ketsch ein Segelboot ist, stellt sich die Frage, warum Martin in einem Buch über den Arbeitsplatz über ein Boot schreibt. Er nutzt den oben zitierten Satz als Metapher für das inoffizielle Organigramm in einem Unternehmen, das völlig anders aussehen kann als das offizielle Organigramm. Während bei einem offiziellen Liniendiagramm auf dem Papier die Geschäftsführerin das Sagen hat, muss dies in der Realität nicht so sein.

Um die beiden Organigramme miteinander zu vergleichen, wählt Martin für das offizielle Organigramm eine Postkarte, auf der das Meer während der Flut zu sehen ist. Für das inoffizielle Organigramm wählt er das Bild zur Zeit der Ebbe. Statt einer blauen großen einheitlichen Wasserfläche bringt die Ebbe alles zum Vorschein, was unter der Wasseroberfläche liegt. Plötzlich ist ein gekentertes Segelboot und der Rost an der Unterseite der Bojen zu sehen. Das inoffizielle Organigramm macht die wahren Machtstrukturen in einem Unternehmen sichtbar. Hier gibt es zwar keine gekenterten Segelboote, aber durchaus offiziell kaum sichtbare Mitarbeiter, die dafür sorgen, dass Dinge im Unternehmen anders laufen als das Liniendiagramm es erwarten lässt.

Fazit

Martin ist Däne und kennt sich daher mit dem Meer und mit Booten viel besser aus als ich. Dank unserer heutigen Recherche wissen wir nun, was eine Ketsch ist. Ich wüsste gern, warum sich unser Autor für genau diese Schiffsart in seinem Vergleich entschieden hat. Hätte er einfach den Begriff Boot statt Ketsch gewählt, wäre der Satz für Leser wie mich weniger verwirrend. Ich könnte wetten, dass Martin mit der Ketsch dem Satz eine tiefere Bedeutung gibt, die Landratten wie ich einfach nicht verstehen sollen.