Weißt Du, was pietätlos bedeutet?

Heute geht es um ein Wort, das mir durchaus vertraut ist. Obwohl ich dessen Bedeutung noch nie nachgeschlagen habe, bin ich der Meinung, dass es „ohne Anstand“ oder „ohne Würde“ bedeutet. Worauf ich mir dagegen so gar keinen Reim machen kann, ist seine Herkunft.

Ein personifizierter Prozessablauf, der eine Peitsche in der Hand hält und grimmig schaut. 4 kleine Männchen rennen durch den Prozess
Für moralischen Anstand haben wir echt keine Zeit.

Aus diesem Grund freue ich mich sehr darüber, dass ich bei

Jens Notroff: Staub, Steine, Scherben. Wie Archäologen in der Vergangenheit graben und die Gegenwart finden

über den folgenden Satz gestolpert bin:

„Betrachten wir beispielsweise das breite historische Spektrum unterschiedlicher Bestattungsriten in verschiedenen Teilen der Welt, mögen uns heute, in der sogenannten westlichen Welt, einige davon bestenfalls »exotisch«, andere gar pietätlos erscheinen.“

S. 171.

Der Satz schenkt uns heute die Gelegenheit, diesem Begriff auf den Grund zu gehen. Beginnen wir wie immer mit dem Griff nach unserem Lexikon.

Was das Lexikon sagt

Unser Lexikon kennt unseren heutigen Begriff und erklärt diesen wie folgt:

Dit mit da Pietäät is so ejal.

pi|e|tät|los <Adj.> (geh): ohne Pietät: ein -es Verhalten; p. reden.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1757.

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber mich bringt dieser Beitrag nicht weiter, da ich mir nicht sicher bin, was Pietät bedeutet. Zum Glück kann unser Lexikon uns auch an dieser Stelle weiterhelfen.

Pi|e|tät [pie…], die; -, -en [[1: lat. pietas (Gen.: pietatis), zu: pius = pflichtbewusst; fromm]: 1. <o. Pl.> (geh.) (bes. in Bezug auf die Gefühle, die religiösen Wertvorstellungen anderer) ehrfürchtiger Respekt, taktvolle Rücksichtnahme: das gebietet [allein/schon] die P. 2. Beerdigungsinstitut.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1757.

Pi|etät [lat. pietas »Frömmigkeit«] die, Achtung; i.e.S. die taktvolle Rücksichtnahme gegenüber Angehörigen von Verstorbenen.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 11, S. 351.

Dank unseres Lexikons wissen wir nun endlich, dass unser heutiger Begriff dem Lateinischen entstammt und wissen, dass der Begriff nicht nur eine etwas andere Bedeutung hat, als ich dachte und zudem noch ein Begriff für eine Institution ist . Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass Pietät auch Beerdigungsinstitut bedeutet. 

Was unser Autor uns sagen möchte

I have mixed feelings.

Ich habe das Gefühl, dass unser letzter Lexikoneintrag am besten zu dem Zitat unseres Autors passt. Dieser möchte uns sagen, dass es in der Vergangenheit Bestattungsriten gab, die uns heute in der westlichen Welt das Gefühl geben, dass die Angehörigen nach unserer Auffassung keine Rücksicht auf die Verstorbenen genommen haben.

Welche Bestattungsriten sind pietätlos?

Zu meiner großen Freude erläutert unser Autor zwei Bestattungsriten, die in diese Kategorie fallen.

Die ersten ist die Himmelsbestattung. Was erst einmal freundlich klingt, entpuppt sich auf den zweiten Blick als nichts anderes als ein Verfüttern der Toten. Bei der Himmelsbestattung in Zentralasien wurden die Körper der Toten an Geier und andere Aasfresser verfüttert.

Um den zweiten Bestattungsritus zu verstehen, habe ich kurz den Begriff Leichenbrand gegoogelt und auf der Webseite praehistorische-archaeologie.de erfahren, dass dies die Asche der Toten ist. Die Yanomami im Amazonas-Gebiet vermischen Leichenbrand bis zum heutigen Tag mit Bananenbrei und essen diesen anschließend.

Fazit

Wir wissen nun was pietätlos bedeutet und haben etwas über Bestattungsriten gelernt. Wenn Dich interessiert, was es in diesem Bereich noch spannend ist, empfehle ich Dir eine Recherche zum Begriff Sepulkralkultur.

Tatsächlich macht mich der Begriff pietätlos im Sinne unseres Autors nachdenklich. Da ich keiner Religion angehöre tue ich mich mit den typisch deutschen und amerikanischen Bestattungsritualen ebenfalls schwer. Ich sehe keinen großen Unterschied zwischen einer Himmels- und einer Erdbestattung. Am Ende wird der Körper in beiden Fällen vertilgt, bei der Himmelsbestattung freuen sich Vögel über ein gutes Mal, bei der Erdbestattung freuen sich die Insekten.

Auch bei der Asche der Verstorbenen finde ich ihre Verarbeitung zum Essen und das in den USA offenbar weit verbreitete „auf den Kamin stellen“ gleichermaßen befremdlich. In beiden Fällen geht es den Angehörigen darum, den Verstobenen auch nach seinem Tod bei sich zu haben.

An dieser Stelle bin ich neugierig: Welche Bestattungsriten empfindest Du als besonders pietätvoll und welche als besonders pietätlos?

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Datum & Autor

22. Februar 2024
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