Weißt Du, wer die gens de lettres sind?

Obwohl mir diese Formulierung noch nie zuvor begegnet ist, bin ich mir aufgrund meines schlechten Schulfranzösisch (ich glaube lettres bedeutet Buchstaben) und des Autors

Georg von Wallwitz: Mr. Smith und das Paradies. Die Erfindung des Wohlstands

sehr sicher, dass sie etwas mit Literatur zu tun hat. In der Einleitung seines Buches schreibt Georg über die Parallelen, die er zwischen literarischen und ökonomischen Werken sieht. Dazu gehört auch, dass beide von der Zeit geprägt sind, in der sie entstehen:

„Die Ökonomen verfolgten meist dieselben Anliegen, von denen auch die gens de lettres zur selben Zeit handelten, nur mit verschiedenem Anspruch. Nicht weniger als die Literatur, wird die Ökonomie zu einer Reflexion ihrer Zeit und ist dabei veränderlich wie ein alternder Spiegel, dessen blinde Stellen ihn selbst zu einem Gemälde machen.“

S. 8.

Was genau die Formulierung gens de lettres in Georgs Satz bedeutet, wird uns nun hoffentlich unser Lexikon verraten.

Was das Lexikon sagt

Obwohl ich gerade 5 Bände unseres Lexikons gesichtet habe, konnte ich keinen passenden Eintrag finden. Lediglich über das mir unbekannte Gens hält unser Lexikon folgendes Wissen bereit:

Gens [lat. »Geschlecht«] die, im antiken Rom die durch gemeinsame Abstammung und Kultur zusammengehörigen Familien, deren Mitgl. Den gleichen ↑Gentilnamen trugen. Urspr. gab es nur patriz., erst später ach plebej. Gentes. Das Zeit Lexikon.

Mit dem Besten aus der Zeit, Band 05, S. 362.

Basierend auf unserem aktuellen Halbwissen könnten wir nun behaupten, dass gens de lettres das „Geschlecht der Buchstaben“ bedeutet. Zum Glück müssen wir dies aber nicht tun, denn ich bin mir sicher, dass wir im Internet eine Antwort auf unsere heutige Frage finden werden.

Was das Internet sagt

Wikipedia verrät uns, das gens der lettres die Mehrzahl von Homme de lettres ist. Zur Verwendung der französischen Formulierung im Deutschen verrät uns der gleiche Wikipedia-Eintrag folgendes:

„In deutschen Feuilletons wird der französische Ausdruck benutzt, um einen Schriftsteller, der viele Gattungen souverän handhabt, hervorzuheben.“

Die Masse der restlichen Treffer zu gens de lettres, die ich gesehen habe, drehen sich um die „Société des gens de lettres“ oder führen zu französischsprachigen Inhalten. Daher habe ich eine neue Suchanfrage mit homme de lettres gestartet.

Mit dem Begriff homme de lettres liefert uns das Internet einen Link zur Duden-Webseite, die uns verrät, dass homme de lettres ein selten verwendeter bildungssprachlicher Begriff ist, der Literat bedeutet. Ein Literat ist laut diesem Duden Eintrag ein

[unschöpferischer, ästhetisierender] Schriftsteller.

Fazit

Ja, unser heutiger Begriff hat tatsächlich etwas mit Literatur zu tun. Gens de lettres sind Schriftsteller, und Schriftsteller sind die Menschen, die Literatur erschaffen.

Während Schriftsteller bzw. deren Werke ein fester Bestandteil meines Lebens sind, habe ich nur selten Kontakt mit ökonomischen Werken. Daher habe ich mir über diese auch noch nie so recht Gedanken gemacht. Den Gedanken, dass ökonomische Werke eine Reflexion ihrer Zeit darstellen, finde ich extrem spannend, weil er meine Fantasie beflügelt. Er macht aus der Ökonomie, die für mich bis jetzt gefühlt etwas Starres war, etwas, das sich zum Besseren hin verwandeln kann. Die Frage lautet damit, wie genau könnte eine bessere Ökonomie aussehen? Hast Du eine Idee?