Was passiert eigentlich, wenn der Webseitenbesucher mehr als 3-mal klickt?

Das habe ich noch nie gezählt.

Hast Du Dich schon einmal beim Besuch einer Webseite beobachtet und die Anzahl der Klicks gezählt, die Du auf der Seite gemacht hast? Ich nutze das Internet seit den neunziger Jahren und habe mich noch nie Gedanken über die Anzahl meiner Klicks gemacht, was irgendwie erstaunlich ist, denn immerhin sind Klicks die Kreuzungen des Internets, die uns von einer Seite zur nächsten bringen. Wer nicht klickt kommt im Internet nicht sehr weit.

Jeder Vollzeitjob, in dem ich je gearbeitet habe, hatte irgendetwas mit Internet zu tun und daher auch mit Klicks. In jedem dieser Jobs spielte die Internetseite des Unternehmens bzw. die Internetseiten der Unternehmen, für die mein Unternehmen arbeitete, eine wichtige Rolle, um Kunden zu gewinnen.

Weniger ist mehr

Bis heute fasziniert es mich, dass zum Teil winzige Veränderungen an einer Webseite massiven Einfluss auf deren Potenzial zur Kundengewinnung haben. Bis heute beeindruckt mich ein Erlebnis mit einem Anmeldeformular-A/B-Test zutiefst. Hierbei wollten die Entwickler herausfinden, welchen Einfluss die Anzahl der Formularfelder auf die Ausfüllrate hatte. Also bauten sie für den Test zwei Versionen:

  1. Ein dreiseitiges Anmeldeformular mit mehr als 30 Angaben, das alle relevanten Daten abfragte, die benötigt wurden.
  2. Ein einseitiges Anmeldeformular, mit vier Feldern.

Die Zahlen sprechen für sich.

Okay, ich bin mir bei der Anzahl der jeweiligen Felder nicht mehr ganz sicher, es ist einfach zu lange her. Doch das Ergebnis war so beeindruckend, dass das Unternehmen mit dem langen Anmeldeformular dies sehr schnell von der Seite verbannte. Es gab viel mehr Besucher, die das kurze Anmeldeformular ausfüllten als das lange. Und die Umstellung des Formulars auf der Webseite von lang auf kurz hatte massive Auswirkungen auf die Neukundengewinnung.

Mit dieser Erfahrung im Hinterkopf war ich nicht verwundert, als mir einige Zeit später die 3-Klick-Regel begegnete. Diese ist seit vielen Jahren ein ungeschriebenes Gesetz im Webdesign und besagt, dass ein Webseitenbesucher mit nur 3 Klicks die Stelle der Webseite erreichen sollte, die er sucht. Weil diese Regel mir so einleuchtend erschien, habe ich mir nie die Mühe gemacht, mich intensiv damit zu beschäftigen. Doch ab und an begegneten mir Fälle, bei denen ich das Gefühl hatte, dass diese Regel keinen Sinn macht. Daher freue ich mich sehr, dass ich mit

Martin Hahn: Webdesign. Das Handbuch zur Webgestaltung

zum ersten Mal einem Webdesign-Profi begegne, der dieses ungeschriebene Gesetz in Frage zu stellen wagt.

Was ist die 3-Klick-Regel?

Eine schnelle Internetrecherche ergab, dass wir die 3-Klick-Regel wahrscheinlich Jeffrey Zeldman verdanken, der diese Regel 2001 erstmalig in seinem Buch „Taking Your Talent to the Web“ erwähnte. Bei unserem Autor lesen wir, diese Regel besagt,

„dass alle Informationen in einer Webseite innerhalb von 3 Klicks erreichbar sein sollten.“ S. 198.

Bitte was?

Nach dieser Definition lässt er in meinen Augen die Bombe platzen und schreibt, dass verschiedene Studien zeigen, dass die 3-Klick-Regel haltlos ist. Weil diese Regel in seinem Buch nur ein Randthema ist, verzichtet er darauf, diese Studien näher zu benennen. Mich interessieren diese Studien dagegen brennend, und daher werden wir nun die Macht der Klicks nutzen und uns mit Hilfe des Internets auf die Suche nach diesen Studien machen.  Deren Ergebnisse kann ich in Zukunft hoffentlich nutzen, um Kunden von der 3-Klick-Regel zu heilen, wenn sie in meinen Augen mehr Schaden als Nutzen anrichtet.

Studien, die der 3-Klick-Regel widersprechen

Unser Autor spricht von mehreren Studien. Ich konnte bei meiner Recherche allerdings nur eine von Joshua Porter finden, die wir uns gleich genauer anschauen werden. Es ist nicht so, dass ich nicht mehr Links zu Quellenangaben von Studien gefunden hätte. Doch viele von denen führten auf Seiten, die nicht mehr online waren, oder  sie führten bei genauerem Hinsehen zurück zur Studie von Joshua Porter.

Wow, die klicken ja viel öfter.

Joshua Porter analysierte mehr als 8.000 Klicks, die 44 Webseitenbesucher machten, um 620 Aufgaben zu erledigen. Bei dieser Analyse fand er keine Bestätigung für die 3-Klick-Regel. Es gab sogar Nutzer, die bereit waren, 25 Klicks zu absolvieren, um eine Aufgabe zu erledigen. 80% der Aufgaben brauchten 15 Klicks, um gelöst zu werden.

Joshua und unser Autor kommen zu dem Schluss, dass die Anzahl der Klicks keine Rolle spielen, solange der Webseitenbesucher das Gefühl hat, auf dem richtigen Weg zu sein.

Ist das Kunst oder kann das weg?

Für einfache Webseiten mit wenigen Unterseiten macht die 3-Klick-Regel nach Meinung unseres Autors bis heute Sinn. Bei umfangreicheren Webseiten rät unser Autor, die 3-Klick-Regel als eine Empfehlung zu nutzen, um die Komplexität der Navigationsstruktur möglichst einfach zu halten.

In meinen Augen ist das ein guter Rat. Ich erinnere mich gut an eine umfangreiche Webseite, auf der krampfhaft versucht wurde, mit Hilfe von zwei Hauptmenüs im oberen Teil der Seite der 3-Klick-Regel gerecht zu werden. Da im oberen Teil der Webseite nur wenig Platz ist, entschied sich der Webseiteninhaber dazu, eines der Menüs normal darzustellen und ein anderes als eingeklapptes mobiles Menü. Ich habe mit dieser Webseite regelmäßig interagiert und hatte immer Schwierigkeiten, mich zurecht zu finden. Das mobile Menü (das für mich wichtige Informationen enthielt) entdeckte ich erst Wochen später, als mich ein Mitarbeiter des Unternehmens darauf hinwies.

Fazit

Diese Information ist ein Geschenk.

Ich freue mich gigantisch, jetzt zumindest eine Studie an der Hand zu haben, die die 3-Klick-Regel widerlegt. Noch besser gefällt mir allerdings, dass es laut meiner Recherche keine Studie gibt, die die 3-Klick-Regel belegt.

UPDATE 31.03.: Claudia Rosza von babbadeggl weist darauf hin, dass es spannend ist zu wissen, dass es keinen Beleg für die 3-Klick-Regel gibt, aber es dennoch Seiten auf einer Webseite gibt, die aufgrund der deutschen Gesetzgebung in weniger als 3 Klicks erreichbar sein müssen. Welche genau das sind können Dir Experten aus diesem Bereich, oder der entsprechende Gesetzestext verraten.

Wir haben heute gesehen, dass der Webseitenbesucher sich nach 3 Klicks nicht in Luft auflöst, sondern durchaus bereit ist, öfter zu Klicken. Was er dafür braucht, ist das gute Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Wenn ich in meinem Blog einen bestimmten Beitrag suche, dann nutze ich dafür die Suchfunktion, weil das schneller geht als durch über 700 Beiträge zu blättern. Spuckt die Suchfunktion so viele Ergebnisse aus, dass ich mittels Klicken blättern muss, starte ich lieber eine neue Suchanfrage. Denn ganz offensichtlich hat meine erste Suchanfrage mir nicht das gewünschte präzise Suchergebnis geliefert.

Ganz anders schaut es hier in Onlineshops aus. Hier blättere ich manchmal durch zig Produktseiten auf Kategorien, um mein Wunschprodukt zu finden. Allerdings tue ich dies nicht bei Shops, bei denen die Sortierung der Produkte auf Kategorie nicht meinen Wünschen entspricht.

An dieser Stelle bin ich wie immer neugierig. Auf welchen Webseiten absolvierst Du regelmäßig liebend gern mehr als 3 Klicks?

 

29. März 2022
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