Reichen drei Fragen, um Intelligenz zu testen?

Schau mal, meine Punkte.

Hast Du schon einmal einen Intelligenztest gemacht? Wie war das Ergebnis? Wie hast Du Dich damit gefühlt?

In meinem Leben gab es eine Zeit, in der ich Intelligenztests mochte. Damals wäre ich nicht auf die Idee gekommen, einen Intelligenztest in Frage zu stellen. Ich war der Überzeugung, dass die Erfinder von Intelligenztests wüßten, was sie tun und dass es Sinn ergibt, Intelligenz zu testen. Damals lautete meine Definition von Intelligenz: Intelligenz ist das, was sich in einem Intelligenztest testen lässt.

Inzwischen hat sich meine Wahrnehmung von Intelligenz verändert. Ich wage es daher, nicht nur Intelligenztests in Frage zu stellen, sondern bin mir nicht einmal mehr sicher, was mit Intelligenz gemeint ist, wenn darüber gesprochen wird. Ja, tatsächlich ist mir der Begriff inzwischen so fremd geworden, dass ich an dieser Stelle zu Duden.de greife, um die Bedeutung nachzuschlagen:

  1. Fähigkeit [des Menschen], abstrakt und vernünftig zu denken und daraus zweckvolles Handeln abzuleiten.
  2. Gesamtheit der Intellektuellen, Schicht der wissenschaftlich Gebildeten
  3. vernunftbegabtes Wesen; intelligentes Lebewesen

Für diesen Beitrag konzentrieren wir uns auf die erste Definition von Intelligenz, da dies die Einzige ist, die sich mit einem einzigen Intelligenztest testen lässt. Unsere heutige Frage lautet also: „Reichen drei Fragen, um zu testen, ob ein Mensch über die Fähigkeit verfügt, abstrakt und vernünftig zu denken und daraus zweckvolles Handeln abzuleiten?“

Der Cognitive Reflection Test (CRT)

In dem Buch von

Robert Egger: Der Challenge-Manager. Effektiver arbeiten und führen mit den Erkenntnissen der Hirnforschung

bin ich über folgende Fragen gestolpert

A Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen $1,10 der Schläger kostet $1 mehr als der Ball. Wieviel Cent kostet der Ball?

B Wenn 5 Maschinen 5 Minuten brauchen, um 5 Produkte herzustellen, wie viele Minuten brauchen dann 100 Maschinen, um 100 Produkte herzustellen?

C In einem See findet sich ein Seerosenblatt. Jeden Tag verdoppelt sich das Blatt in seiner Größe. Wenn es 48 Tage dauert, bis der ganze See bedeckt ist, wie lange dauert es dann, bis der halbe See bedeckt ist?

“ S. 37.

Ich weiß es, ich weiß es.

Wenn es Dir so wie mir geht, als ich diese Fragen das erste Mal las, dann will Dein Gehirn jetzt ganz dringend wissen, wie die Antworten lauten. Daher schlage ich vor, dass Du Dir kurz Deine Antworten auf die Fragen notierst und dann zum Ende dieses Beitrages scrollst und schaust, ob Deine Antworten richtig sind, bevor Du weiterliest. 😉

Von unserem Autor erfahren wir, dass diese drei Fragen der Cognitive Reflection Test sind, der von Frederick Shane entwickelt wurde. Unser Autor schreibt, dass es Wissenschaftler gibt, die diesen Test für fast wichtiger halten als jeden Intelligenztest. Er schreibt nicht, dass er oder Frederik der Meinung sind, dass sich Intelligenz mit diesen drei Fragen testen lässt.

Lässt sich Intelligenz testen

Wahrscheinlich hast Du schon zwischen den Zeilen herausgelesen, dass ich nicht nur Frederiks Test, sondern auch „normalen“ Intelligenztests zweifelnd gegenüberstehe. Frederiks Test hat mir allerdings meine Zweifel zum ersten Mal richtig bewusst gemacht.

Warum bin ich nicht auf die richtige Lösung gekommen?

Mir ist die erste Frage seines Tests vor vielen Jahren zum ersten Mal in Daniel Kahnemanns Buch „schnelles Denken, langsames Denken“ begegnet. Damals hat mein Gehirn sofort 10 Cent als Antwort gegeben und beim Weiterlesen des Buches den „Schmerz“ erlebt, damit falsch zu liegen. Seit diesem Tag geht mein braves Gehirn in Habachtstellung, wenn es solchen Fragen in Texten begegnet, die sich mit Intelligenz oder Denken beschäftigen. Mein Gehirn serviert mir zwar immer noch ganz schnell die vermeintlich richtige Antwort, ich zwinge mich dann aber sogleich, die Frage zigmal erneut zu lesen und in Ruhe langsam die richtige Antwort zu suchen.

Mein Verhalten an dieser Stelle verunsichert mich. Ist das, was mein Gehirn tut, nun intelligent oder ist es – wie Kahnemann behauptet –  nur gut dressiert worden? Mein Bauchgefühl sagt mir, dass Letzteres der Fall ist. Das Wissen, dass es schnelles und langsames Denken gibt, hilft bei der Beantwortung solcher Fragen. Doch in meinen Augen macht es mich nicht intelligent. Im Alltag gebe ich dem schnellen Denken noch immer an vielen Stellen den Vorrang und nehme hierdurch entstehende Fehler in Kauf.

Mein Verhalten gibt mir das Gefühl, dass sich Intelligenz nicht testen lässt. Ich glaube, Menschen können sich Fragen ausdenken, die darauf abzielen, die Fähigkeit eines Menschen zu testen, ob er abstrakt und vernünftig denken und daraus zweckvolles Handeln ableiten kann. Ich glaube auch, dass Menschen, die diese Tests absolvieren, sich darauf vorbereiten können und dann in diesen Tests dank Ihrer Vorbereitung gut abschneiden können.

Sind Menschen, die nicht Rechnen können dumm?

Doch ich bin der Meinung, dass jeder dieser Tests nur die Art von Intelligenz testen kann, die der Testende testen möchte. Ein Mensch, der nicht rechnen kann, würde Frederiks Test nicht bestehen. Doch bedeutet das wirklich, dass er nicht in der Lage ist, abstrakt und vernünftig zu denken und daraus zweckvolles Handeln abzuleiten? Oder bedeutet es lediglich, dass er nicht rechnen kann?

Fazit

In meiner Wahrnehmung lautet die Frage nicht, ob sich Intelligenz mit drei Fragen testen lässt, oder ob reguläre Intelligenztests durch Fredericks Cognitive Reflection Test ersetzt werden sollten. Mir brennt die Frage unter den Nägeln, ob Intelligenztests überhaupt sinnvoll sind. Wie bereits ausführlich dargelegt zweifle ich daran, ob sich Intelligenz überhaupt testen lässt und das Wissen um den Pygmalion-Effekt sorgt bei mir für ein ungutes Gefühl, wenn ich an die Folgen eines Intelligenztestes denke.

Das schlechte Abschneiden in einem Intelligenztest kann nicht nur den getesteten demotivieren, es kann, wenn der Pygmalion Effekt greift, auch dafür sorgen, dass dessen Umfeld ihn mit anderen Augen wahrnimmt und sich von da an Türen verschließen, die vorher offen gewesen sind. Das ist schon krass, oder?

An dieser Stelle bin ich wie immer neugierig. Wie ist Deine Meinung zum Thema Intelligenztests?

Die Antworten auf die drei Fragen

Der Ball kostet 5 Cent, die Produktion dauert 5 Minuten und das Blatt braucht 47 Tage.

28. März 2022
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Buchcover zum Beitrag
Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.

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5,2 min readCategories: Bücher, Wissen

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Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.

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28. März 2022
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