Weißt Du, was ein Kondukt ist?

Heute geht es um einen Begriff, dessen ich Bedeutung ich nicht kenne, weil er mir – wenn überhaupt – nur extrem selten begegnet ist. Der Autor

Walter Benjamin: Wahre Geschichten vom Hund. In: Maximilian Barker (Hg.): Hundephilosophien. Gedanken und Einsichten berühmter Dichter und Denker zum Hund

verwendet ihn, um seinen Lesern von einem schwarzen Hund zu berichten, der ein ungewöhnliches Verhalten an den Tag legte:

„In Campbelltown in der Provinz Argyllshire wird mit sehr wenigen Ausnahmen jeder Leichenzug, der seinen Weg von der Kirche zum Friedhof nimmt, von einem stillen Leidträger in Gestalt eines großen, schwarzen Hundes begleitet. Immer nimmt er seinen Platz neben den, dem Sage zunächst folgenden Personen und gibt dem Kondukt das Geleit bis zum Grab.“

S. 18f.

Da ich nach einem Versuch für mich beschlossen habe, dass Beerdigungen kein Ritual für mich sind, kenne ich mich in diesem Bereich nicht aus. Ich habe daher keine Ahnung, was genau ein Kondukt sein könnte. Lass uns doch einmal schauen, ob unser Lexikon gewillt ist, meine Wissenslücke zu schließen und so zum Verständnis des Satzes beizutragen.

Was das Lexikon sagt

Unser Lexikon kennt unseren heutigen Begriff und schafft es, meine Wissenslücke zu schließen.

Kon|dukt, der; -[e]s, -e [mlat. conductus = Schutz, Geleit, zu lat. conducere = zusammenführen, geleiten; mieten, pachten] (bildungsspr. veraltend): feierliches Geleit; Leichenzug.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1339.

Der Kondukt ist also ein Leichenzug, was bedeutet, dass der Hund aus Walters Geschichte den Leichenzug begleitet.

Irgendwie mag ich nicht glauben, dass der Begriff nur eine einzige Bedeutung hat. Lass uns doch einmal schauen, ob das Internet weitere Bedeutungen des Begriffes kennt.

Was das Internet sagt

Mein Bauchgefühl war richtig. Das Internet kennt eine weitere Bedeutung des Begriffes. So lesen wir in diesem Wirtschaftslexikon:

„Kondukte stellen unerwünschte Kuppelprodukte dar, die nicht dem Sachziel der Unternehmung zuzuordnen sind“

Was mich stutzig macht, ist, dass ich keine andere Quelle mit dieser Begriffsdefinition gefunden habe. Selbst mein analoges Wirtschaftslexikon, dass ich extra aus dem Bücherregal geholt habe, kennt zwar Kuppelprodukte, nicht aber Kondukte.

Auf der Webseite des Bayrischen Rundfunks erhalten wir einen Einblick in den Begriff Conductus, der sich vom gleichen lateinischen Stamm ableitet wie der Kondukt und einen kirchlichen Gesang bezeichnet. Zudem erfahren wir, dass der Begriff Kondukt für Leichenzug in Österreich häufiger genutzt wird als in Deutschland. Da Walter in Berlin geboren wurde, gehe ich davon aus, dass er den Begriff nutzte, weil dieser zu Walters Lebzeiten zwischen 1892 und 1940 einfach noch zum normalen Wortschatz gehörte und noch nicht veraltet war.

Fazit

Wir wissen nun dank unseres Lexikons, was unser heutiger Begriff bedeutet. Was wir dagegen noch immer nicht wissen, ist, warum sich der schwarze Hund aus Walters Geschichte den Leichenzügen anschließt. Da ich von Hunden ähnlich viel Ahnung habe wie von Begräbnissen, habe ich keine Idee, was der Grund sein könnte. Hast Du eine Vermutung, was den Hund zu diesem Verhalten motiviert haben könnte?