Weißt Du, was eine Putzmacherin ist?

Ich bin mir sehr sicher, dass wir es heute mit einem veralteten Begriff zu tun haben, weil ich sofort an Romane aus meiner Jugend denke, wenn ich den Begriff lese. Damals lag mein Leseschwerpunkt auf den Büchern aus der Bibliothek meines Vaters, die Klassiker von Jules Verne oder Mark Twain enthielten. Ich glaube, in diesen Büchern ist mir unser heutiger Begriff das ein oder andere Mal begegnet.

Bin ich eine Putzmacherin?

Da auch die Autorin

Jeanette Nentwig: Design Ikone – Die Geschichte der Gunhild Liljequist

den Begriff verwendet, bekomme ich nun endlich die Gelegenheit herauszufinden, was es mit diesem Begriff auf sich hat. Sie schreibt:

„Schon bald nach der Hochzeit der Putzmacherin und Modistin mit dem Bäcker und Konditor sowie ihrem Einzug in die gemeinsame Wohnung in Hohenschönhausen hatten ihre beiden Söhne das Licht der Welt erblickt: 1934 erst Baldur, dann 1935 Winfried.“

S. 14.

Auf der gleichen Seite erfahren wir, dass die Designerin Gunhild, um die es in dem Buch geht, 1936 zur Welt kommt und die Schwester von Baldur und Winfried ist. Wir wissen nun also, dass Gunhilds Mutter Putzmacherin war. Lass uns nun einmal schauen, ob unser Lexikon uns verraten kann, was genau eine Putzmacherin ist.

Was das Lexikon sagt

Im ersten Anlauf liefert uns unser Lexikon Informationen, die mich verwirren. Es hält einen Eintrag für die Putzmacherin bereit, die auf den ersten Blick nicht das weibliche Pendant zum Putzmacher zu sein scheint:

Putz|ma|che|rin, die; -, -nen: Modistin.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1830.

Putz|ma|che|r, der (veraltet): Hutmacher.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1830.

Ein Putzmacher ist laut unserem Lexikon ein Hutmacher, eine Putzmacherin eine Modistin. Unser Lexikon verrät uns zu meiner großen Freude auch, was eine Modistin ist.

Mo|dis|tin, die;- , -nen: Hutmacherin (Berufsbez.).

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1580.

Modistin die, in früheren Jahrhunderten die für den Aufputz der Kleidung zuständige Putzmacherin[sic!]; im 20. Jh. die Hutmacherin.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 10, S. 34.

Seit dem 20. Jahrhundert ist die Putzmacherin also eine Hutmacherin, davor scheint sie ein breiteres Aufgabengebiet gehabt zu haben. Da meine sportlichen Ambitionen für diesen Morgen erschöpft sind, renne ich nun nicht ein drittes Mal zu meinem Bücherregal, um den Band herauszuziehen, der den Begriff Aufputz enthält, sondern wende mich mit meiner Frage nach dem Aufputz vertrauensvoll an das Internet.

Was das Internet sagt

Hüte sind noch immer totschick.

Die Webseite ansto.de, die ich bei meiner Recherche entdeckt habe, widmet sich dem Thema Putzmacher & Putzmacherin offenbar seit vielen Jahren. In diesem Beitrag geht sie dem Wandel der Begriffe Putzmacherin und Modistin im Detail nach. Wir erfahren hier zum einen, dass das Aufputzen von Kleidung, das Aufwerten vorhandener Kleidung mit Schmuck und Accessoires war. Diese Art des Aufwertens war eine finanziell einigermaßen stemmbare Möglichkeit, mit der schnell wechselnden Mode mitzugehen, ohne ständig unbezahlbare neue Kleider kaufen zu müssen. Zum anderen geht der Beitrag im Detail auf den Bedeutungswandel der beiden Begriffe ein, den unser Lexikon angedeutet hat.

Zu meiner Überraschung scheint sich auch der Begriff Putzfrau im Verlauf der Zeit verändert zu haben. Bis jetzt dachte ich, dass der Begriff Putzfrau eine Frau bezeichnet, die Wohnungen reinigt. Doch offenbar war eine Putzfrau lange Zeit eine Frau, die Putz in Form von Schmuck und ähnlichem herstellte und diesen dann nutzte, um ihre Kunden aufzuputzen. Übrigens „ermahnt“ mich Microsoft Word gerade, den Begriff Putzfrau nicht zu verwenden und mich einer neutraleren Sprache zu bedienen, ohne mir jedoch einen konkreten Vorschlag zu machen, wie genau ich das anstelle. Ich vermute, dass der Begriff Reinigungsfachkraft, den Microsoft Word nicht anmahnt, die Form der neutralen Sprache ist, die Microsoft Word sich vorstellt.

Fazit

Wir wissen nun was eine Putzmacherin und was eine Modistin ist. Die Mutter von Gunhild kümmerte sich also um das Aussehen ihrer Kunden, so wie Gunhild sich später in der Designabteilung des VW-Konzerns um das Aussehen der VW-Fahrzeuge kümmerte.

An dieser Stelle bin ich neugierig: Besitzt Du einen Hut? Wenn ja: Wann trägst Du diese Art der Kopfbedeckung?

12. November 2024
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Buchcover Jeanette Nentwig: Design Ikone - Das Leben der Gunhild Liljequist
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.

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12. November 2024
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