Weißt Du, was kooptiert bedeutet?

Es gibt Begriffe, die ich einfach überlese bzw. ignoriere. Bis jetzt gehörte der Begriff kooptiert in diese Kategorie. Dank des Autors

Im Ignorieren bin ich richtig gut.

Lars Chittka: Im Cockpit der Biene. Wie sie denkt, fühlt und Probleme löst

hat sich dies nun geändert. Lars beschäftigt sich in seinem Buch intensiv mit Bienen und ihren Fähigkeiten. Um zu zeigen, wozu eine Biene fähig ist, zieht er an der ein oder anderen Stelle andere Tiere als Vergleichsobjekte heran.

So verrät er seinen Lesern, dass bestimmte Arten der Feldwespe in der Lage sind, sich die Gesichter der anderen Wespen in ihrer Kolonie zu merken. Der Grund hierfür ist, dass diese Wespen in kleinen Gruppen leben, die streng hierarchisch organisiert sind. Die Hierarchie wird in Kämpfen ermittelt. Die stärkste Wespe führt die Hierarchie an. Um unnötige Kämpfe zu vermeiden, sind die Wespen in der Lage, sich die Gesichter der Wespen in ihrem Stamm zu merken.

Obwohl Bienengehirne Wespengehirnen ähnlich sind, fehlt Bienen die Fähigkeit, Gesichter zu erkennen. Unser Autor sieht darin keinen Beweis, dass Bienen dümmer sind als Wespen, sondern kommt zu dem Schluss, dass Bienen die Fähigkeit nicht haben, weil sie ihnen nicht nutzt. In einem Bienenstamm leben zahlreiche Bienen, diese am Gesicht erkennen zu wollen, wäre äußerst ineffizient. Die Ordnung im Stamm ergibt sich aus dem Alter der Bienen und der Kaste der Biene. Zwischen Königinnen, Drohnen und Arbeiterinnen gibt es klare Unterschiede in der Körpergröße. Daher erkennen Bienen möglicherweise an der Körpergröße, wer im Stamm welche Aufgaben hat.

Nachdem Lars die unterschiedlichen Fähigkeiten der Feldwespen und Bienen beschrieben hat, schreibt er:

„Kleine Änderungen in neuronalen Schaltkreisen können große Änderungen im Verhaltensrepertoire bewirken, teilweise deshalb, weil bereits existierende Schaltkreise mithilfe minimaler Änderungen kooptiert werden können.“

S. 208.
Juhu, ich habe neuronale Schaltkreise.

Weil mir in der Vergangenheit schon er ein oder andere Neurowissenschaftlicher begegnet ist, weiß ich, dass mit den neuronalen Schaltkreisen, die Verbindungen der Neuronen im Hirn der Biene gemeint sind, deren Verbindungen untereinander dafür sorgen, dass sie sich etwas merkt, oder lernt. Da ich allerdings nicht weiß, was kooptiert bedeutet, verstehe ich den Satz nicht. Lass uns daher mal schauen, ob unser Lexikon uns die Informationen liefern kann, die mir fehlen.

Was das Lexikon sagt

Unser Lexikon hält den folgenden Beitrag für uns bereit:

ko|optieren [lat.], jemanden durch eine Nachwahl zusätzlich in eine Körperschaft aufnehmen.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 08, S. 201.

Ich habe das Gefühl, dass die Erklärung unseres Lexikons nicht in den Satz unseres Autors passt. Das Lexikon spricht von einer Person, die nachgewählt werden kann. Das Zitat unseres Autors hat mit Personen und Wahlen nichts zu tun. Doch obwohl unser Lexikon und unser Autor offenbar über unterschiedliche Dinge sprechen, habe ich das Gefühl, den Satz nun zu verstehen. So wie eine Körperschaft durch eine Nachwahl nachträglich geändert werden kann, können veränderte Schaltungen im Gehirn eines Insekts dazu führen, dass dieses Insekt neue Fähigkeiten hat. Der Satz unseres Autors lautet also möglicherweise schlichtweg:

„Kleine Änderungen in neuronalen Schaltkreisen können große Änderungen im Verhaltensrepertoire bewirken, teilweise deshalb, weil bereits existierende Schaltkreise mithilfe minimaler Änderungen nachträglich angepasst werden können.“

Lass uns zur Sicherheit noch einmal ins Internet schauen, ob dies noch andere Definitionen für unseren Begriff bereithält und meine Vermutung bestätigt.

Was das Internet sagt

Sowohl Wikipedia als auch die Webseite des Dudens gehen in der Bedeutung des Begriffes mit unserem Lexikon konform. Eine Definition, die zu dem Zitat unseres Autors passt habe ich auf der Webseite StudySmarter entdeckt:

Ein lächelndes Herz, dass einen Daumen nach oben zeigt.
So, das Problem wäre dann jetzt gelöst.

„In der Biologie bezeichnet Kooptation den Prozess, bei dem bestehende Gene, Zellen oder Gewebe zur Lösung neuer Probleme genutzt werden.“

Damit ergibt sich eine deutlich andere Bedeutung als von mir vermutet:

„Kleine Änderungen in neuronalen Schaltkreisen können große Änderungen im Verhaltensrepertoire bewirken, teilweise deshalb, weil bereits existierende Schaltkreise mithilfe minimaler Änderungen zur Lösung neuer Probleme genutzt werden können.“

Fazit

Wir wissen nun dank unseres Lexikons, dass unser heutiger Begriff eine bildungssprachliche und eine biologische Bedeutung hat.

Zu meiner großen Freude ist kooptieren einer der wenigen Begriffe, die ich in diesem Buch nachschlagen musste. Die meisten Fachbegriffe werden von unserem Autor nicht selten mit Hilfe von Schaubildern erklärt und lassen sich schnell mithilfe des Indexes am Ende des Buches wiederfinden. Aus diesem Grund bin ich sehr begeistert von dem Buch, da es ihm so gelungen ist, mir wertvolles Wissen aus einem mir bis dato unbekannten Wissensgebiet zu schenken.  

An dieser Stelle bin ich neugierig: Welche Bücher haben Dich begeistert, weil sie Dir neues Wissen aus unbekannten Bereichen geschenkt haben?

14. Oktober 2024
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.

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14. Oktober 2024
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