Weißt Du, was süffisant bedeutet?
Heute geht es wieder einmal um einen Begriff, der mir unglaublich vertraut ist, und den ich dennoch nicht erklären kann. Ich weiß, dass etwas süffisant sein kann. Doch ich habe keinen genaue Vorstellung davon, was genau süffisant sein soll. Dank der Autorin
Jeanette Nentwig: Design Ikone – Die Geschichte der Gunhild Liljequist
wird sich dies heute hoffentlich ändern. Wie der Titel des Buches erahnen lässt, erzählt die Autorin die Lebensgeschichte von Gunhild Liljequist, einer visionären Designerin bei VW, deren Name mir bis vor wenigen Wochen unbekannt war.
Das Buch beschäftigt sich nicht nur mit Gunhilds Talent, sondern auch mit ihren Lebenspartnern, zu denen unter anderem der Handelsvertreter Heinz gehörte, der in einen Frankreichurlaub Gulaschbüchsen mitnahm, um vor Ort Geld zu sparen. Als sie die Geschichte des Sparfuchses in einer Bar erzählt, lernt sie Heinz Nachfolger Alex kennen, der so gar nichts mit dem Sparfuchs gemeinsam hat. Alex ist Schauspieler und Regisseur und kennt Gott und die Welt, die er gern auch mal zu sich einlädt.
Eines Tages liegt Gunhild mit einem Buch im Bett, weil sie keine Lust hat, den Männern, die Alex eingeladen hatte, beim Philosophieren im Garten zuzuhören. Plötzlich geht die Schlafzimmertür auf und ein unbekannter Mann steht vor ihr, der Alex sucht. Die unter der Bettdecke unbekleidete Gunhild erklärt dem Mann, dass Alex im Garten sei. Als sie später in den Garten geht, weiß Alex was passiert ist. Er reagiert laut unserer Autorin nicht eifersüchtig auf die Situation. Sie schreibt:
„Später am Abend fragte Alex mit süffisantem Unterton: »Na, wie war es mit Friedrich?«“
S. 88.
Im Garten erfährt Gunhild von Alex, dass mit Friedrich der bekannte österreichische Pianist und Komponist Friedrich Gulda gemeint ist, der in diesem YouTube Video erklärt, wie Jazz funktioniert.
Lass uns nun einmal schauen, was süffisant bedeutet, damit wir verstehen, wie genau Alex Gunhild nach der Szene im Schlafzimmer begrüßte.
Was das Lexikon sagt
Unser Lexikon hält folgendem Beitrag zu unserm Begriff bereit:
süf|fi|sant <Adj.> [frz. suffisant, eigtl. = (sich selbst) genügend, 1. Part. von: suffire = genügen < lat. sufficere] (bildungsspr. abwertend): ein Gefühl von [geistiger] Überlegenheit genüsslich zur Schau tragend, selbstgefällig, spöttisch, überheblich: mit -er Mine; s. lächeln.
Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 19, S. 2264.
Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich bin überrascht, wie negativ der Begriff besetzt ist. Das hatte ich nicht erwartet.
Was unsere Autorin uns sagen möchte
Dass Alex sich Gunhild so überlegen fühlt, dass er in der Situation süffisant lächelt, liegt daran, dass er weiß, dass Gunhild ein unglaubliches natürliches künstlerisches Talent besitzt, aber das Who is Who der Kunst nicht kennt. Gunhild kommt nicht aus einer Künstlerfamilie. Sie wuchs in einer Familie mit vier Geschwistern auf. Ihr Vater war im zweiten Weltkrieg Soldat und danach Kriegsgefangener, so dass ihre Mutter mit den fünf Kindern im kriegsgeplagten Berlin zeitweise allein war. Also schickte sie Gunhild und zwei ihrer Geschwister zeitweise in Pflegefamilien, um sich selbst zu entlasten und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder gut versorgt wurden. Im Zentrum von Gunhilds Kindheit stand das Überleben, nicht sie geistige Bildung.
Während Alex es genießt, mit dem Who is Who der Kunstszene per Du zu sein, kann sich Gunhild die Namen der Leute mit denen Alex ständig verkehrt, kaum merken. Statt ihr immer wieder kleine Hilfestellungen zu geben, damit sie sich mit seinen Freunden wohler fühlt, reagiert er wie oben beschrieben.
Fazit
Wir wissen nun, was es mit unserem heutigen Begriff auf sich hat. Beim Lesen des Satzes dachte ich, dass der süffisante Unterton etwas mit der Situation zu tun hätte, in der ein fremder Mann einer unbekleideten Frau begegnete. Ich dachte zuerst, Alex sei cool, weil er nicht eifersüchtig wurde. Mit dem Wissen um unseren heutigen Begriff hat sich meine Wahrnehmung des Mannes völlig verändert. Er ist nicht etwa ein vertrauensvoller Freund, sondern ein arroganter Kerl, der sich einbildet, etwas Besseres zu sein, weil er mit Prominenten verkehrt.
Aufgrund meines schlechten Namensgedächtnisses ist mein Umfeld daran gewöhnt, mir zum xten Mal schnell und unauffällig Namen zuzuflüstern, wenn wir jemandem begegnen, dessen Namen ich kennen müsste. Niemand in meinem Umfeld würde es wagen, dabei süffisant zu lächeln, weil ich einen Menschen nicht kenne. Wenn jemand auf meine Frage „Wie heißt der nochmal und was macht er gleich nochmal?“ nur süffisant lächeln würde, würde ich diesen Menschen aus meinem Umfeld entfernen. Wissen ist in meinen Augen dazu da, geteilt zu werden und nicht dazu da, um sich für überlegen zu halten.
An dieser Stelle bin ich neugierig. Wie gehst Du mit Menschen um, die sich wie Alex verhalten?
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Wer sich geistig überlegen fühlt und überheblich aufführt, begeht eine Hybris – und dies mögen die Götter – speziell die Nemesis – überhaupt nicht ->
https://www.mythologie-antike.com/t297-hybris-mythologie-gottin-bzw-halbgottin-nymphe-die-ubermut-und-anmassung-personifiziert