Suspense Technik – Oder: Wie wird Deine Moderation spannend?
Stell Dir vor Du steigst in einen Fahrstuhl, in dem sich bereits zwei Herren befinden. Du bist in Eile, drehst den beiden den Rücken zu und wartest darauf, dass der Fahrstuhl endlich Dein Ziel-Stockwerk erreicht.
Als die Türen des Fahrstuhls sich schließen beginnt der ältere der beiden Herren zu sprechen. Er erzählt, wie er in einen Raum kommt und mit Entsetzen sieht, dass mitten im Raum jemand auf dem Boden liegt. Dieser Jemand ist nicht nur hingefallen, er liegt in seinem Blut. In diesem Moment stoppt der Fahrstuhl und der Erzähler unterbricht die Geschichte.
Erst als die Türen wieder geschlossen sind, beginnt er wieder zu sprechen. Statt endlich zu sagen, wie es weitergeht, fasst der Erzähler das gerade Gesagte noch einmal zusammen. Du merkst, dass die anderen Fahrstuhlgäste wissen wollen, was es mit der Blutlache auf sich hat. Der Erzähler beschreibt, wie er sich umschaute und sich dem Menschen am Boden nährte. Dieser war nicht tot, sondern nur verletzt, aber aufgrund seines hohen Blutverlustes kaum noch bei Bewusstsein, als unser Erzähler ihn fragt, was passiert ist.
In diesem Moment öffnen sich wieder die Türen und Du bist in Deinem Zielstockwerk angekommen. Was tust Du?
- Du steigst aus, gehst und verlierst keinen weiteren Gedanken an den älteren Herren und seine Geschichte.
- Du wartest im Fahrstuhl, weil Du wissen möchtest, was der Jemand am Boden gesagt hat.
Diese Geschichte hat sich so oder so ähnlich 1964 ereignet. Die beiden Herren im Fahrstuhl waren der berühmte Filmregisseur und Produzent Alfred Hitchcock und der Regisseur Peter Bogdanovich. Als der Fahrstuhl die Lobby erreichte, stiegen Alfred und Peter aus und ließen die anderen Fahrgäste zurück. Nachdem sie einige Schritte gegangen waren, hielt Peter die Spannung nicht mehr aus und fragte Alfred, was der Mensch am Boden gesagt habe. Alfred antwortete: Gar nichts. Peter sei gerade in den Genuss seiner Fahrstuhlstory gekommen.
Diese wunderbare kleine Geschichte nutzt die Autorin von
um die Suspense-Technik vorzustellen, mit der Moderatoren auf der Bühne so viel Spannung erzeugen können, dass das Publikum geradezu an ihren Lippen klebt. Wie genau diese Technik funktioniert, schauen wir uns nun an.
Die Suspense-Technik
Alfred Hitchcock war in den Augen vieler Menschen der „Master of Suspense“ oder zu Deutsch der „Meister der Spannung“. Als Hitchcock 1899 geboren wurde, gab es noch keine Kinos, weil das Medium Film noch in den Kinderschuhen steckte. Erst 1926 kam laut Wikipedia der erste vertonte Film in die Kinos. Zu diesem Zeitpunkt war Alfred schon Teil der noch jungen Filmindustrie und als Regisseur tätig.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Alfred bereit eine kleine Karriere hinter sich, in der er viele Facetten der Filmproduktion kennenlernte. Jede seiner beruflichen Stationen half ihm zu verstehen, was einen guten von einem weniger guten Film unterschied. Und irgendwann fand Alfred heraus, welche 3 Elemente ein Film brauchte, um im Publikum Hochspannung zu erzeugen:
Hochspannung = Wendung + Verwirrung + Verzögerung.
Auf genau dieser Formel beruht die Suspense-Technik für Moderatoren. Statt einfach auf die Bühne zu gehen, ein freundliches, aber langweiliges
„Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden heute über Wert sprechen. Durch dieses Thema begleiten uns die Experten Ulrike Unternehmer, Paul Politiker und Wanja Wissenschaft, die wir nun mit einem begeisterten Applaus auf der Bühne willkommen heißen“ als Eingangsstatement vorzutragen,
nutzt der Moderator eine wahre und persönliche Geschichte, die die Elemente der Hochspannung beinhaltet:
„Guten Abend. Wir sind heute Abend hier zusammengekommen, um über das Thema Wert zu sprechen. Als mich die Moderationsanfrage für den heutigen Abend erreichte, dachte ich „Wert“ sei ein absolut langweiliges Thema. Doch dann empfahl mir Gerrit Beine auf Twitter das Buch „Wie kommt der Wert in die Welt?“ von Mariana Mazzucato. (Wendung) Dieses Buch hat mir in Sachen Wert die Augen geöffnet, weil es Fragen stellt, die ich mir nie zuvor gestellt habe. Eine der Fragen, die mir bis heute nicht aus dem Kopf geht, lautet: „Warum rechnen wir eine Haushaltskraft, die wir dafür bezahlen, dass sie bei uns zuhause sauber macht, ins Bruttoinlandsprodukt (BIP) ein, aber eine Hausfrau, die die gleiche Arbeit macht, nicht? Ist das sinnvoll? Warum hat das eine Wert und das andere nicht?“ (Verwirrung) Hand hoch, wer kennt die Antwort? Wie diese Antwort auf diese und viele andere spannende Fragen zum Thema Wert lauten, werden uns heute mit etwas Glück unsere Experten Ulrike Unternehmer, Paul Politiker und Wanja Wissenschaft verraten. (Verzögerung) Begrüßen wir sie mit einem warmen Applaus.“
Fazit
An dieser Stelle würde ich Dir gern die Frage beantworten, warum eine Haushaltshilfe Wert für das BIP generiert und eine Hausfrau nicht. Doch aufgrund meines fehlenden wirtschaftlichen Verständnisses, habe ich nur einen Teil der Antwort auf diese Frage verstanden, die da lautet: Weil wir der Haushaltshilfe Geld zahlen und der Hausfrau nicht. In dem Buch von Mariana steckt noch eine bessere Antwort, doch um diese greifen zu können, brauche ich jemanden, der mit mir bei einer heißen Tasse Tee das Thema diskutiert und die Geduld hat, viele Fragen zu beantworten. Sobald ich die Antwort habe, werde ich ihr einen Blogbeitrag widmen.
Doch zurück zur Suspense-Technik. Im Rahmen meines Politikstudiums habe ich die eine oder andere politische Veranstaltung erlebt. An keine einzige kann ich mich noch im Detail erinnern. Alles, was mir geblieben ist, ist ein vages Gefühl der Langeweile, weil es keinem Moderator gelungen ist, mich für die Themen zu begeistern. Die Moderatoren waren zu sehr damit beschäftigt, darauf zu achten, dass sie die hochrangigen Experten korrekt ansagten und jedem einen fairen Zeitshare auf der Bühne zu geben.
An dieser Stelle freue ich mich auf den Tag, an dem Du auf der Bühne stehst und Dein Publikum – in dem ich hoffentlich dank Deiner Einladung sitzen werde – mit Hilfe der Suspense-Technik in den Bann ziehst.
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