Verändert ein Umzug ein Unternehmen?

Juhu, ein neues Büro.

Stell Dir vor, Du arbeitest ab morgen in einem neuen Büro. Wie würde das Deine Arbeit beeinflussen. Wahrscheinlich hätte es massiven Einfluss auf Deine Arbeit, wenn nicht nur der Standort Deines Büros ein neuer, sondern auch das ganze Unternehmen eine neues wäre. Denn dann hättest Du keine eingeschliffenen Arbeitsabläufe mehr und auch keine vertrauten Kollegen, sondern ständest vor der Aufgabe, Dir vieles neu zu erarbeiten. Und wie würde sich Deine Arbeit verändern, wenn das Unternehmen und die Kollegen die gleichen wären und lediglich der Arbeitsort sich geändert hätte? Würdet ihr einfach weitermachen wie bisher und, als wäre nichts passiert, oder würde das Büro an einem anderen Ort die Kultur Eures Unternehmens verändern?

Spannenderweise habe ich mir diese Fragen noch nie gestellt, obwohl viele der Unternehmen, in denen ich gearbeitet habe, umgezogen sind. Erst ein Interview mit Harry Gattner vom Zukunftsinstitut in dem Buch von

Robert R. Bukvić: Die Coworking-Evolution. Wie wir zukünftig leben und arbeiten

hat mir bewusst gemacht, dass ein Umzug ein Unternehmen verändern kann, es aber nicht verändern muss. Zu meiner großen Freude beantwortet das Interview auch die Frage, welche Umzugsbedingungen Veränderungen hervorrufen und welche nicht. Doch bevor wir uns die Antwort auf unsere heutige Frage anschauen, schildere ich hier zwei meiner Umzugserfahrungen, damit wir im Folgenden sehen können, ob sich die Aussagen im Interview mit meinen Praxiserfahrungen decken.

Umzug 1: Alles bleibt beim Alten

Alles blieb, wie es vorher war.

Der erste Umzug, den ich beruflich miterlebte, erfolgte innerhalb der gleichen Straße. Zudem hatte das Unternehmen bereits unendlich viele Umzugserfahrungen. Für uns als Mitarbeiter änderte sich durch den Umzug so gut wie gar nichts. Das neue Arbeitsumfeld war zwar an einem anderen Standort, doch die Rahmenbedingungen waren fast identisch mit denen am alten Standort.

Umzug 2: Alles ist neu

Der zweite Umzug dagegen hatte massiven Einfluss auf die Unternehmenskultur. Dieses Mal war es der erste Umzug des Unternehmens.  Das Unternehmen zog nicht nur in einen anderen Bezirk, es zog auch in ein viel größeres Büro. Der Grund für den Umzug war ein starkes Wachstum des Unternehmens in den vorhergehenden Jahren.

Zuerst wurde das Wachstum am alten Standort aufgefangen, indem Bürofläche im Nebenhaus neu angemietet wurde und eine Abteilung dorthin zog. Doch diese Situation war anstrengend. Zum einen drohte der Team-Kontakt zu dieser Abteilung abzureißen, zum anderen pendelten einzelne Mitglieder dieser Abteilung ständig zwischen beiden Büros hin und her.

Das neue Büro für das gesamte Unternehmen machte nun Schluss mit dieser Trennung. Doch nicht nur das änderte sich. Es änderte sich auch die Art der Zusammenarbeit. Im alten Büro gab es kleine Räume. Jeder konnte jedes Teammitglied sehen. Wenn jemand zu laut telefonierte, reichte eine kleine Geste, um denjenigen zum Drosseln der Lautstärke zu bewegen. Das neue Büro war ein Großraumbüro. Damit hier ein Arbeiten möglich war, wurden Schallschutzwände angeschafft, die dafür sorgten, dass mehr als eine Person gleichzeitig im Raum telefonieren konnten, ohne dass dabei alle anderen in den Wahnsinn getrieben wurden.

Telefonieren im Großraumbüro ist sehr anstrengend.

Doch auch im neuen Büro gab es Einzelbüros, die über Türen verfügten. Von der Akustik her wäre es angenehm gewesen, wenn die Viel-Telefonierer diese Büros bekommen hätten. Doch diese Büros gingen an kleine Abteilungen. Und so entstand trotz des neuen gemeinsamen Büros zum ersten Mal eine echte Trennung der Abteilung.

Die Geschäftsführung wollte damit wahrscheinlich nur dafür sorgen, dass sensible Daten besser geschützt wurden und Mitarbeiter eine Tür einfach abschließen konnten, statt am Abend den Schreibtisch aufräumen zu müssen. Doch in meiner Wahrnehmung entstand durch diese Aufteilung der Büroflächen auch eine Spaltung innerhalb des Unternehmens. Von nun an gab es jene, die im Großraumbüro – sozusagen im Flur und vor der Tür – saßen und jene, die das Privileg eines eigenen Zimmers hinter einer Tür hatten.

Welche Umzugsfaktoren verändern Unternehmen?

Harry sagt in seinem Interview drei Dinge zum Thema Unternehmensumzug, die mir ins Auge gestochen sind:

  1. Kultur ist stärker als Architektur.
  2. Wir Menschen ändern uns dann, wenn wir die gleichen bleiben dürfen.
  3. Ein neues Büro ist eine Chance, an der Unternehmenskultur zu arbeiten oder die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Der erste Punkt passt in meinen Augen zu meinen ersten Umzugserfahrungen. Das Gebäude war neu, doch innerhalb des Gebäudes hatte das Unternehmen für die gewohnte Infrastruktur gesorgt, so dass das Unternehmen seine Unternehmenskultur einfach mitnehmen konnte.

Plötzlich änderte sich alles sehr schnell.

Der zweite Umzug dagegen widerspricht Harrys erstem Punkt. Die Architektur des neuen Büros hatte massiven Einfluss auf die Kultur im Unternehmen. Aus einem rücksichtsvollen Unternehmen, bei dem jeder an einem Strang zog, wurde durch unterschiedliche Bürokonzepte und Schallschutzwände in meiner Wahrnehmung ein Unternehmen mit Abteilungen, die sich immer mehr voneinander entfernten. Der Grund für diese massive Kulturveränderung war in meiner Wahrnehmung dem Wachstum des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt geschuldet. Neue Mitarbeiter kamen so schnell an Bord, dass die alte Bürokultur nicht schnell genug an neue Kollegen weitergegeben werden konnte. So entstand durch das neue Büro und die neuen Mitarbeiter eine neue Kultur, die Stück für Stück die alte Kultur veränderte.

Fazit

Ja, ein Umzug kann ein Unternehmen verändern – muss er aber nicht. Wichtig ist es in meinen Augen, sich bewusst zu machen, dass ein Umzug Einfluss haben kann, aber nicht muss. Wenn keine Änderung in der Unternehmenskultur gewollt ist, müssen andere Faktoren berücksichtige werden als bei einer gewollten Änderung der Kultur.

Bei einer gewollten Änderung muss nicht nur die neue Büroaufteilung berücksichtigt werden, sondern auch die Arbeit der Mitarbeiter. Im Mittelpunkt darf hier nicht nur die Frage nach der neuen gewünschten Kultur stehen, sondern auch die Frage, wie Mitarbeiter sich verändern können und dabei gleichbleiben dürfen. Oder anders ausgedrückt: Was kann im neuen Büro dafür getan werden, dass Mitarbeiter gute und effiziente Routinen aufrechterhalten können? Dafür ist es erforderlich, im ersten Schritt herauszufinden, welche dieser Routinen es gibt. Und sicherlich ist es auch nicht abträglich, an dieser Stelle ein Ohr für die Mitarbeiterwünsche zu haben.

An dieser Stelle bin ich wie immer neugierig. Wie sind Deine Umzugserfahrungen? Hatten sie positive oder negative Einflüsse auf Deine Arbeit? Waren kulturelle Änderungen geplant, oder sind sie einfach passiert.

 

 

1. April 2022
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Buchcover zum Beitrag
Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.

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Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.

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1. April 2022
Ein gutes Verhältnis zu den Eltern ist keineswegs nur begrüßenswert
Wer war eigentlich dieser Seneca?

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  1. Maria Steinberg 19. November 2022 at 10:39 - Reply

    Hallo lieber Umzugsunternehmer,

    Kommentare wie,

    „oh das ist aber spannend, dass wusste ich noch nicht. Übrigens meine Domain ist http://www.Umzüge….de“

    werde ich nicht freischalten. Das haben inzwischen Kollegen von Dir versucht und wie Du siehst, sind diese Kommentare hier nicht zu sehen. Der einzige Weg, damit ich einen Umzugsunternehmer auf dieser Seite erwähne, ist ein Sponsoring. Du kannst gern Sponsor für diesen Beitrag werden. Schreibe mir hierfür gern eine E-Mail, damit wir die Details besprechen können.

    Viele Grüße

    Maria von Du Bist Grossartig

  2. Maria von du-bist-grossartig.de 12. Januar 2023 at 08:06 - Reply

    Gibt es eine perfekte Gebäudearchitektur für Interviews?

    Offenbar ja. Der Pavillon der Serpentine Gallery wurde von Rem Kohlhaas gebaut. Er wird von Hans Ulrich Obrist als Konversationsarchiektur bezeichnet, weil er sich für ihn hervorragend dazu eignet 24 Stunden dauernde Interviews zu führen. Das gelingt, weil der Architekt sich beim Bau gefragt hat, wie ein Haus aussehen müsste, in dem er sich wohlfühlen würde, wenn er hier einen kompletten Sommer jeden Tag Gespräche führen würde.

    Gefunden in: Max Dax: Was ich sah, war die freie Welt, S. 107.

  3. Rudi Sterzer 2. April 2023 at 15:12 - Reply

    Ich habe zwei ähnliche Umzugserfahrungen wie du gemacht. Ich denke, dass man vor allem unterscheiden muss, ob es sich um Komplettumzüge handelt, oder nur ein Teil der Mitarbeiter an den neuen Standort wechselt. Wenn die Mitarbeiter, Möbel, Struktur etc. gleich bleiben, dann ändert sich durch den Umzug meistens nicht so viel.

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