Weißt Du, was Biophilie ist?

Wenn ich groß bin, werde ich Abenteurer.

Also Kind habe ich es geliebt, in Bücher abzutauchen, die von Abenteurern erzählten und so neue unbekannte Teile der Welt zu entdecken. Wenn ich groß bin, möchte ich auch Abenteurer werden, dachte ich so manches Mal. Es dauerte viele Jahre, bis ich realisierte, dass ich die in den Büchern geschilderten Abenteuer nie erleben können würde. Denn die Abenteurer lebten in einer Welt, die sie noch nicht kannten. Eine Welt voller Rätsel. Eine Welt, die noch nicht vollständig entdeckt und durch Karten erschlossen war.

Ich dagegen lebte in einer vollständig durch Karten erschlossenen Welt. Und nicht nur das. Ich lebte in einer Welt, in die der Mensch inzwischen fast vollständig die Kontrolle hatte. In dieser Welt machen wir uns keine Gedanken mehr über die Gefahren, die in unbekannten Gegenden auf uns warten. Stattdessen werden wir immer mehr zur Gefahr, weil wir durch das Streben nach Wachstum der Welt mehr Ressourcen entziehen, als sie in der gleichen Zeit produzieren kann. Laut den Initiatoren vom Earth Overshoot Day hatten wir am 28. Juli 2022 bereits alle biologischen Ressourcen aufgebraucht, die die Erde dieses Jahr produzieren wird. Laut dieser Daten können wir nicht für immer so weiter machen wie bisher.

Der Autor

Jeremy Rifkin: Das Zeitalter der Resilienz. Leben neu denken auf einer wilden Erde

schildert in der Einleitung seines Buches, wie wir an den Punkt gekommen sind, an dem wir gerade stehen. Er zeigt auf, wie aussichtslos es ist, so weiterzumachen wie bisher. Und er schreibt, dass wir nicht gezwungen sind, so weiterzumachen wie bisher, denn im

„Gegensatz zu allen anderen Spezies haben wir [die Menschen] allerdings zwei Gesichter. Wir sind Zerstörer, aber wir können auch Heiler sein. In die Schaltkreise unseres Gehirns ist mit der Empathie eine besondere Fähigkeit eingebaut, die sich als elastisch und geradezu unendlich erweiterbar erwiesen hat. Diese seltene und kostbare Fähigkeit hat sich schrittweise entwickelt, ging teils wieder verloren, nur um wieder zurückzukehren und dabei immer neue Höhen zu erklimmen. In den letzten Jahren hat eine jüngere Generation diese Empathie über unsere Spezies hinaus auf unsere Mitlebewesen ausgeweitet. Biologen sprechen von Biophilie – ein Zeichen der Hoffnung für einen neuen Weg in die Zukunft.“

S. 16.
Ich bin schon länger auf dieser Welt als Du. Ein bisschen mehr Respekt wäre schon nett.

Da mir der Begriff Biophilie in diesem Absatz unseres Autors zum ersten Mal im Leben begegnet ist, weiß ich nicht, was sich hinter diesem Begriff verbirgt. Umschreibt der Begriff Biophilie lediglich die Erkenntnis, dass auch Tiere ein Recht auf Leben haben, oder ist diese Erkenntnis nur ein kleiner Teil der Biophilie? Lass uns doch einmal schauen, ob unser Lexikon uns diese Fragen beantworten kann.

Was das Lexikon sagt

Heute hält unser Lexikon keinen passenden Eintrag für uns bereit. Möglicherweise liegt dies daran, dass unser Lexikon 2005 erschienen ist und der Begriff Biophilie erst später das Licht der Welt erblickte. Ich bin gespannt, ob das Internet diese Wissenslücke unseres Lexikons zu füllen vermag.

Was das Internet sagt

Das Internet sagt, dass es den Begriff Biophilie schon lange vor dem Erscheinen unseres Lexikons gab. Laut Wikipedia geht er auf Erich Fromm zurück, der ihn bereits 1964 eingeführt hat. Biophilie setzt sich aus den altgriechischen Begriffen

  • bios – Leben
  • philia – Liebe

zusammen. Laut der Webseite von Emco definiert Erich Fromm den Begriff wie folgt:

„Die Biophilie ist die leidenschaftliche Liebe zum Leben und allem Lebendigen; sie ist der Wunsch, das Wachstum zu fördern, ob es sich nun um einen Menschen, eine Pflanze, eine Idee oder eine soziale Gruppe handelt. Der biophile Mensch baut lieber etwas Neues auf, als dass er das Alte bewahrt. Er will mehr sein, statt mehr zu haben. Er besitzt die Fähigkeit, sich zu wundern, und er erlebt lieber etwas Neues, als dass er das Alte bestätigt findet. Das Abenteuer zu leben ist ihm lieber als Sicherheit. Er hat mehr das Ganze im Auge als nur die Teile, mehr Strukturen als Summierungen. Er möchte formen und durch Liebe, Vernunft und Beispiel seinen Einfluss geltend machen.

― (1973a: Anatomie der menschlichen Destruktivität, in: Erich-Fromm-Gesamtausgabe (GA) Band VII, S. 331.) zitiert nach https://www.emco.de/architektenmagazin/biophilie/

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, doch ich kann dieses Zitat nicht wirklich gut greifen, weil es doppeldeutige Sätze wie den folgenden enthält:

„Der biophile Mensch baut lieber etwas Neues auf, als dass er das Alte bewahrt.“

Was ist neu? Was ist alt? Der Regenwalt ist alt. Bedeutet dieser Satz nun, dass wir den Regenwald vernichten und an dessen Stelle lieber eine neue Stadt errichten sollten? Oder meint Erich mit alt eher unser Streben, uns die Natur untertan zu machen und fordert uns auf, die Lebewesen zu lieben, statt sie auszubeuten?

Da mir Erichs Zitat nicht weitergeholfen hat, habe ich weitergesucht und bin bei diesem Tedx Talk auf YouTube fündig geworden, in welchem Owen Bjorgan uns erklärt, was er unter Biophilie versteht. In der Biophilie geht es darum, den Menschen als Teil eines Ökosystems wahrzunehmen. Es geht nicht darum, dass der Mensch die anderen Lebewesen auf der Erde dominiert, sondern darum, als Menschheit so zu leben, dass die Natur nicht unter uns leidet.

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Fazit

Dank des Internets können wir nun die Frage beantworten, was Biophilie ist. Biophilie ist die Liebe zum Leben. Damit ist nicht die Liebe zum eigenen Leben, sondern die Liebe zu allem gemeint, was lebt.

Ich wette, hinter dem Begriff Biophilie steckt noch so viel mehr Wissen. Doch mir fehlt die Zeit, noch tiefer in das Thema einzusteigen. Was ich aus der heutigen Recherche mitnehme, ist die Erkenntnis, dass die Biophilie ein spannendes Konzept ist, nach welchem wir uns in Zukunft ausrichten könnten.

In der Vergangenheit ist es uns gelungen, die Erde zu erobern. Wir haben die wildesten Tiere besiegt. Wir haben Tiere zu Nutztieren und Haustieren gemacht. Wir haben Flüsse begradigt. Wir haben Energie aus uralten Materialien wir Öl gewonnen. All dies hat uns an den Punkt gebracht, an dem wir heute sind. An diesem Punkt erleben wir an immer mehr Stellen die natürlichen Grenzen unseres speziellen Strebens nach ständigem Wachstum und Eroberung.

Die Vorstellung, in einer Welt leben zu können, die sich nach der Liebe zur Natur ausrichtet, erwärmt mein Herz. Versteh mich nicht falsch. Ich bin eine Großstadtpflanze. Um nichts auf der Welt möchte ich auf den Komfort verzichten, den mir meine Gastherme, mein Herd, mein Durchlauferhitzer, mein Smartphone, mein PC, mein Kühlschrank, meine Waschmaschine, mein Geschirrspüler und das Internet bieten. Ich genieße diese Dinge. Doch aus meiner Sicht kann ich all dies auch haben, ohne der Natur zu schaden.

24. Januar 2023
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