Weißt Du, was ein Philologe ist?
Ich bin mir sicher, dass ein Philologe eine Person ist, die Philologie studiert hat. Da ich keine Ahnung habe, was sich mit dem Begriff Philologie auf sich hat, bringt mich das nicht weiter. Die Autorin

ist Philologin und dank ihrer Hilfe werden wir heute mit etwas Glück erfahren, was es mit dem Begriff auf sich hat. Sie schreibt:
„Daraus folgt, dass meine einzige Chance auf eine Zukunft wohl ist, in eine andere Haut zu schlüpfen – in eine weißere, meinen Körper zu ändern, aufgeben, mich anpassen – eine Europäerin werden. „Sie müssen wohl hier einen Mann finden und heiraten“, rät mir die Frau auf der Straße. „Und über einen anderen Beruf nachdenken, Philologen werden hier nicht gebraucht.““
S. 9f.
Tania wurde 1984 in Minsk, der Hauptstadt von Belarus geboren und lebt derzeit in Deutschland, wo sie der Frau begegnete, die sie in dem Zitat zu Wort kommen läßt. Ich habe das Buch auf der Buchmesse in Leipzig 2025 mitgenommen, weil ich dachte, dass es ein Gartenbuch sei. Ich war nicht darauf vorbereitet, dass von 120 Seiten maximal 10 Seiten etwas mit einem Garten zu tun haben und 110 Seiten sich mit dem beschäftigen, was in Belarus in den letzten Jahren passiert ist. Erwartet habe ich ein friedliches Gartenbuch, gelesen habe ich ein Buch, das zum Teil unbeschreibliche Gewalt beschreibt. Ich habe eine Menge über Belarus gelernt und kann nachvollziehen, warum Tania das Gefühl hat, zwischen den Stühlen zu sitzen.
Nachdem wir nun wissen, wer Tania ist und worum es in ihrem Buch geht, wird es Zeit herauszufinden, was genau unsere Autorin studiert hat.
Was das Lexikon sagt
Unser Lexikon kennt unseren heutigen Begriff und erläutert ihn in aller Ausführlichkeit.

Philologie [grch. »Liebe zum Wort«] die, Wiss. von der Erforschung von Texten, i. w. S. der kulturellen Entwicklung und Eigenart eines Volkes auf der Grundlage seiner Sprache und Literatur. Sie umfasst das gesamte Spektrum der alten (Alt-P., klass. P.) und neueren Sprachen und Literaturen (Neu-P.) und bildet auch eine Grundlage anderer Disziplinen (Geschichte, Theologie, Archäologie). Eine ihrer Aufgaben ist die Erstellung authent., den Intentionen der Autoren gerecht werdender Texte. Die Textkritik berücksichtigt die gesamte handschriftl. oder gedruckte Überlieferung eines Textes. Zunächst wird der Bestand des Überlieferten festgestellt, dann diese Überlieferung kritisch auf ihre Originalität hin geprüft; dabei müssen Textschäden festgestellt und nach Möglichkeit durch Vermutung behoben oder gebessert werden. Der so gewonnene Text wird außer auf seine Echtheit auch auf seine Einheitlichkeit hin befragt. Die textkrit. Arbeit schlägt sich nieder in der kritischen Ausgabe. Eine sorgfältige Textkritik bildet die Voraussetzung der Textinterpretation, die auf Stil, Gehalt und literaturgeschichtl. Einordnung des Textes abhebt. Pfeiffer, R.: Geschichte der klass. P. von den Anfängen bis zum Ende des Hellenismus. A.d. Engl. München 1978. – Pfeiffer, R.: Die klass. P. von Petrarca bis Mommsen. A.d. Engl. München 1982.- Gadamer, H.-G.: Wahrheit u. Methode. Studienausg. Tübingen 1986.
Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 11, S. 322.
Philologinnen wie Tania erforschen laut unserem Lexikon also Texte, weil sie diese lieben. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, doch in meinen Ohren klingt das, was unser Lexikon beschreibt, nach dem, was ich mir unter Literaturwissenschaften vorstelle. Lass uns daher einmal das Internet befragen und herausfinden, wie die beiden Disziplinen sich unterscheiden.
Was das Internet sagt
Die Webseite Studycheck bestätigt meinen Eindruck und verrät uns, dass die

„Inhalte von Philologie Studiengängen – und dem verwandten Studium der Literaturwissenschaft – […] nahezu einheitlich [sind].“
Um eine genauere Vorstellung von dieser Einheitlichkeit zu bekommen, habe ich mir unter anderem das Studienangebot der Universität Potsdam angeschaut und festgestellt, dass diese weder das Studium der Literaturwissenschaft noch das Studium der Philologie im Angebot hat. An dieser Universität können Studenten lediglich
- Vergleichende Literatur- und Kunstwissenschaft auf Master
- Philologische Studien als Ein-Fach-Bachelor
studieren. Auch an der Freien Universität Berlin gibt es die beiden Studiengänge nicht, dafür zahlreiche artverwandte, wie zum Beispiel
- Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
- Angewandte Literaturwissenschaft
- Romanische Literaturwissenschaft
- Lateinische Philologie
- Spanische Philologie mit Lateinamerikanistik
- Griechische Philologie
- Französische Philologie
- Italienische Philologie
- Klassische Philologie.
Vielleicht gibt es eine Universität, die beide Studiengänge in ihrer Reinform anbietet, im Rahmen meiner Recherche habe ich diese allerdings nicht entdeckt.
Fazit
Dank unserer heutigen Recherche haben wir nun eine genauere Vorstellung davon, was ein Philologe ist. Die Philologie gliedert sich in unzählige Teilbereiche, was bedeutet, dass wir Philologen nicht einfach über einen Kamm scheren können. Jemand der lateinische Philologie studiert hat, hat sich mit ganz anderen Texten beschäftigt, als jemand, der französische Philologie studiert hat. Was die beiden Philologen eint, ist das Handwerkszeug mit dessen Hilfe sie Texte bearbeiten.
Sollte mir jemals ein Philologe über den Weg laufen, werde ich mich hoffentlich an die heutige Recherche erinnern und nachfragen, was genau er studiert hat. Unsere Autorin hat laut der Universität Erfurt nicht Philologie studiert, sondern einen Master in Soziologie erworben. Das beweist, dass viele Wege in die Philologie führen.
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.
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