Weißt Du, was fluide und kristalline Intelligenz ist?

Obwohl mir diese beiden Begriffe noch nie zuvor begegnet sind, weiß ich dank des Autors

Christian Wehner: Alles, was du im Leben wissen musst, hast du schon im Kindergarten gelernt. Wie du deine verloren gegangenen Fähigkeiten zurückgewinnst

schon eine ganze Menge über sie. Unser Autor verrät seinen Lesern unter anderem, dass der mir unbekannte Psychologe Raymond Cattell in den 1940er Jahren mit der Erforschung der beiden Intelligenzen begann. Zudem scheut Christian nicht davor zurück, die beiden Begriff leicht verständlich zu erklären:

„Cattell erkannte früh, dass es mehrere Arten des Denkens gibt, die sich im Lauf des Lebens unterschiedlich entwickeln. […] Die fluide Intelligenz kann als unsere tatkräftige junge Problemlöserin angesehen werden. […] kristalline Intelligenz […] darf gerne als unser verlässliches Gedächtnis umschrieben werden, da sie auf Erfahrungen und Wissen basiert.“

S. 47.

Die fluide Intelligenz ist die Intelligenz, mit der wir ins Leben starten. Im Alter von 39 erreicht sie ihren Höhepunkt. Die kristalline Intelligenz entsteht erst im Verlauf der Zeit.

Weil Christian ein leicht zu lesendes Buch geschrieben hat, das sich sehr gut entspannt nebenbei lesen lässt, hat er sich dazu entschieden, seinen Lesern langweilige fachliche Erklärungen zu ersparen. Somit erfahren wir nicht, wie er auf die Begriffe fluid und kristallin gekommen ist. Zum Glück gibt es das Internet. Ich wette, dies kann unsere Frage beantworten.

Woher kommen die Bezeichnungen fluid und kristallin?

Die Webseite intrapsychisch weist darauf hin, dass die Benennung der beiden Begriffe irreführend ist:

„Die Begriffe der kristallinen und der fluiden Intelligenz sind dabei ein wenig irreführend. Denn die kristalline Intelligenz ist keine „kristallisierte“, verfestigte Form der fluiden Intelligenz.“

Die Webseite des Dorsch Lexikon für Psychologie definiert die beiden Begriffe wie folgt:

„Fluide Intelligenz umfasst grundlegende Prozesse des Denkens und ist weitgehend unabhängig von Erfahrung, d. h., wird als genetisch determiniert angenommen. Kristalline Intelligenz umfasst die Fähigkeit, erworbenes Wissen anzuwenden; sie gilt als überwiegend kulturabhängig.“

Bei meiner Recherche konnte ich keine Quelle finden, die  verrät, wie die beiden Bezeichnungen zustande gekommen sind. Möglicherweise findet sich die Antwort in dem Buch

Cattell, R. B. (1943). The measurement of adult intelligence. Psychological Bulletin, 40(3), 153–193. https://doi.org/10.1037/h0059973

Da dieses Buch Online hinter eine Bezahlschranke liegt, und mir gerade die Motivation fehlt, auf gut Glück Geld auszugeben, konnte ich das nicht prüfen.

Die fluiden Intelligenz erreicht ihren Höhepunkt doch mit 39, oder?

Im Internet finden sich unterschiedliche Altersangaben für den Höhepunkt. Ich habe keine Ahnung, welche Angabe korrekt ist und liste daher hier einfach alle auf, die mir im Rahmen meiner Recherche begegnet sind.

Laut dem Lexikon erreicht die fluide Intelligenz im Alter von 25 Jahren ihren Höhepunkt und sinkt danach weiter ab, wobei sich die kristalline Intelligenz bis zum Alter von 25 stark entwickelt und danach konstant bleibt, oder weiter ansteigt. 

Die Webseite intrapsychisch nennt 22 Jahre als den Höhepunkt der fluiden Intelligenz. Sie geht davon aus, dass die kristalline Intelligenz mit 20 bereits entwickelt ist und bis zum 50. Lebensjahr weiter entwickelt werden kann.

Fazit

Ich liebe Tage wie den heutigen. Ich beginne mit einer Recherche, um eine Wissenslücke zu stopfen und stehe am Ende ohne Antwort und mit weiteren Wissenslücken da. Vor ein paar Jahren hätte mich das frustriert, heute kann ich damit ganz gelassen umgehen.

Da das Internet nicht verrät, wie die beiden Begriffe zustande gekommen sind, vermute ich einfach, dass es dahinter keine spannende Geschichte gibt. Möglicherweis hat Raymond den Begriff fluid einfach gewählt, weil diese Intelligenz nicht greifbar ist und wie Wasser fließt. Für kristallin hat er sich möglicherweise entschieden, weil diese Intelligenz aus greifbarem Wissen besteht, das aktiv erworben wurde und auf das bei Bedarf zurückgegriffen werden kann.

Auch die unterschiedlichen Altersangaben für den Höhepunkt der fluiden Intelligenz bringen mich nicht aus der Ruhe. Menschen sind unterschiedlich. Das Umfeld, in dem sich Menschen heute bewegen, unterscheidet sich stark von dem Umfeld, in welchem sich Menschen 1940 bewegten. Diese Unterschiede haben Einfluss auf unsere Intelligenz. Somit wäre es für mich eher überraschend, wenn sich die Forscher auf eine genaue Altersgrenze einigen könnten. 

An dieser Stelle bin ich neugierig. Was sagt Dein Bauchgefühl: Hast Du den Höhepunkt Deiner fluiden Intelligenz bereits überschritten, oder steht er Dir noch bevor?