Weißt Du, was pathetisch bedeutet?
Pathetisch gehört zu den Begriffen, die mir regelmäßig begegnen. Dennoch kann ich nicht sagen, was pathetisch bedeutet. Beim Schriftsteller
Ilja Ehrenburg: Der Zweite Tag
lese ich folgenden Satz:
„Durchaus möglich, daß ich mich mit dem Leben auszusöhnen versuche oder – weniger pathetisch ausgedrückt – daß ich mich anpasse.“ S. 228.
Ich das Gefühl, den Sinn des Satzes zu verstehen, obwohl ich keine Ahnung habe, was genau pathetisch bedeutet. Insgeheim ersetze ich pathetisch einfach mit dem Wort „stark“ und schon ergibt der Satz für mich Sinn. Heute ist es endlich an der Zeit herauszufinden, was es wirklich mit dem Begriff „pathetisch“ auf sich hat. Lass uns – wie immer – unser Lexikon befragen.
Was das Lexikon sagt
Wie so oft vermag unser Lexikon auch heute, uns das gesuchte Wissen zu vermitteln.
pathetisch <Adj.> (spätlat. patheticus < griech. pathetikós = leidend; leidenschaftlich, zu: páthos, Pathos] (oft abwertend): voller Pathos, [übertrieben] feierlich, allzu gefühlvoll: eine -e Geste; p. schreiben. Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1725.
Bevor wir uns diesen Lexikon-Beitrag genauer anschauen, folgen wir der Empfehlung des Lexikons und schauen uns auch den Eintrag für Pathos an.
Pathos, das; – [griech. páthos = Schmerz; Leiden; Leidenschaft, zu: páschein = erfahren, (er)leiden] (bildungsspr., oft abwertend:): feierliches Ergriffensein, leidenschaftlich-bewegter Gefühlsausdruck: ein unechtes P.; eine Rede voller P. Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 18, S. 1725.
Pathetisch hat einen lateinisch-griechischen Ursprung und bedeutet (übertrieben) feierlich oder allzu gefühlvoll. Schauen wir doch einmal, ob diese Bedeutung in dem Satz unseres Autors einen Sinn ergibt:
„Durchaus möglich, daß ich mich mit dem Leben auszusöhnen versuche oder – weniger feierlich ausgedrückt – daß ich mich anpasse.“ S. 228.
Ja, das passt perfekt. Ich glaube, ich mag pathetische Menschen. Wenn ich auf den Satz unseres Autors schaue, finde ich es viel schöner, wenn jemand versucht, sich mit dem Leben auszusöhnen, statt sich anzupassen. Im Anpassen steckt in meiner Wahrnehmung ein Aufgeben. Ich passe mich an, weil ich aufgegeben habe. Mich mit dem Leben auszusöhnen ist dagegen eine schöne positive Formulierung, die beinhaltet, dass das Leben anstrengend sein mag, aber dennoch etwas in ihm steckt, wofür es sich lohnt, alle Anstrengungen auf sich zu nehmen.
Fazit
An dieser Stelle freue ich mich wieder, etwas gelernt zu haben. Spannend finde ich, dass das Griechische ein negatives Wort wie Leiden und ein positives Wort wie Leidenschaft in einem Wort vereint. Okay, genau genommen tun wir das im Deutschen auch, das Wort Leiden ein Bestandteil des Wortes Leidenschaft. 😉
Auch überrascht es mich, dass die deutsche Sprache für mich positive Dinge wie „gefühlvoll“ und „feierlich sein“ in einem Wort vereint, dass oft abwertend verwendet wird. Ich mag es, mich mit Menschen zu umgeben, die leidenschaftlich für etwas brennen und in der Lage sind, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Diese Menschen sind mir ähnlich. Sie haben Kraft und Energie, die auf mich übergehen und dafür sorgen, dass ich hochmotiviert bin.
An dieser Stelle bin ich wie immer neugierig. Magst Du pathetische Menschen, oder gehen sie Dir auf den Keks?
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.
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