Weißt Du, was Predictive Policing ist?

Ich liebe die digitale Welt.

Ich bin ein gigantischer Fan von digitalen Dingen, die mir das Leben leichter machen. So möchte ich zum Beispiel mein Office 365 oder genauer gesagt, das darin enthaltene Programm Word 365, inzwischen nicht mehr missen. Seine integrierte Vorlese, Diktier- und Korrekturfunktion ist inzwischen so gut, dass sie mir das Schreiben für Du bist Grossartig unendlich erleichtert. Dank ständiger Updates werden die Funktionen immer besser. Und mit jeder Verbesserung der Korrekturfunktion erhalte ich die Möglichkeit, einige meiner Rechtschreib- und Grammatikfehler auszumerzen.

Gerade weil ich ein solcher Fan davon bin, nervige Dinge an digitale Helfer outzusourcen, liebe ich Bücher wie das von

Gerd Gigerenzer: Klick. Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen,

das im November 2022 als Paperback erschienen ist. Gerd gehört zu den Autoren, die Dinge wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz weder vergöttern noch verteufeln. In seinem heute vorgestellten Buch legt er seinem Leser dar, wo uns diese Dinge helfen können und wo nicht. Und er gibt solchen Fans wie mir damit die Chance, diese Technologieren klüger einzusetzen.

Die Rolle der Algorithmen in der Digitalisierung

Am Anfang seines Buches geht er das Thema Algorithmen durch, die zum Beispiel auf Dating-Plattformen darüber entscheiden, welcher Single welchem Single vorgeschlagen wird. Mit Hilfe eines ausgedachten Bewertungssystems zeigt er auf, welche Prinzipien solche Algorithmen nutzen, um Entscheidungen zu treffen. Dass er für sein Beispiel keinen echten Algorithmus auseinandernimmt, begründet Gerd wie folgt:

„Liebesalgorithmen sind streng geheim. Wie die Algorithmen für Kreditscoring, Predictive Policing und Seitenranking sind sie gut gehütetes Firmeneigentum.“

S. 34.

Mit zwei der von unserem Autor angesprochenen Algorithmen habe ich in der Vergangenheit persönliche Erfahrungen gemacht.

Kredite haben etwas mit Algorithmen zu tun.

Da ich schon einmal für einen Online-Kreditvermittler gearbeitet habe (ich war jung, naiv und brauchte das Geld), habe ich erlebt, wie das Kreditscoring der Schufa dafür sorgte, dass Menschen völlig unterschiedliche Zinsen angeboten bekamen. Warum der eine einen niedrigen Zins und der andere einen hohen Zins bezahlen musste, verriet uns die Schufa nicht. Würde die Schufa diese Daten verraten, wäre es ein leichtes, diese zu manipulieren. Da wir viele Kredite vermittelten, konnte ich ein Gefühl für den Score entwickeln und konnte mit der Zeit ab und an einen schlechten Zins vorhersagen, bevor der Schufa-Algorithmus diesen ausgeworfen hatte.

Nach meiner Arbeit bei diesem Unternehmen blieb ich im digitalen Bereich und wechselte in den Bereich des Online-Marketings. Hier hatte ich mit Themen wie Seitenranking zu tun. Ähnlich wie die Schufa hält sich auch Google bedeckt, wenn es darum geht, etwas über den Algorithmus zu verraten, der dafür verantwortlich ist, welche Seite bei einer Suchanfrage unter den ersten Treffern landet und welche nicht. Damit Webseitenbetreiber dennoch eine Chance haben, rät Google ihnen (sehr vereinfacht gesagt) lediglich Dinge zu tun, die gut für den Webseitenbesucher sind und Dinge zu unterlassen, die darauf abzielen, in der Suchmaschine besser zu ranken und gleichzeitig das Nutzererlebnis für den User verschlechtern. Genau diesen Tipp beherzige ich bei Du Bist Grossartig. Ich schreibe meine Texte nicht für die Suchmaschine, sondern für Menschen, die sich mit den gleichen Fragen beschäftigen wie ich.

Womit ich noch keinerlei Erfahrung gemacht habe, ist das Predictive Policing und daher werden wir nun das Internet zu Rate ziehen und hoffentlich erfahren, in welchem Bereich dieser Algorithmus genutzt wird und was genau er tut.

Was das Internet sagt

Zu meiner großen Freude denke ich inzwischen manchmal daran, einen Blick in den hinteren Teil eines Buches zu werfen, um zu sehen, ob das Buch nicht doch irgendwo eine Antwort auf meine Frage enthält. Wenn ich viel Glück habe, stoße ich an dieser Stelle auf ein Glossar, das die Antwort enthält. Gerds Buch hat zwar kein Glossar, aber ein Sachregister, das uns verrät, dass der von uns gesuchte Begriff auch auf den Seiten 34, 178, 196 f., 219, 221, 244 erwähnt wird. Auf Seite 178 verrät uns Gerd, in welchem Bereich der Algorithmus genutzt wird, indem er den Begriff übersetzt. Bei der Predictive Policing handelt es sich um vorhersagebasierte Polizeiarbeit.

Laut dem Algorithmus mag ich ein Pirat sein, aber ich bin nicht kriminell.

Laut Wikipedia werden beim Predictive Policing – ähnlich wie beim Kreditscoring – vorhandene Daten analysiert. Während diese Analyse beim Kreditscoring dazu genutzt wird, die Chancen auf die Rückzahlung eines Kredites vorherzusagen, soll die Analyse bei Predictive Policing dabei helfen, die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Straftaten vorherzusagen und so helfen, den Einsatz von Polizeikräften zu steuern.

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, doch ich finde die Vorstellung, dass Daten genutzt werden, um kriminelles Verhalten vorherzusagen, wirklich gruselig. Während meiner Arbeit beim Kreditvermittler habe ich nicht selten erlebt, wie unfair und willkürlich der Algorithmus agiert. Ein teurer oder nicht gewährter Kredit kann für Menschen problematisch sein. So können Unternehmen Aufträge zum Teil nicht annehmen, wenn ein Kredit abgelehnt wird, weil sie ohne diesen das Material, das sie für den Auftrag benötigen, nicht einkaufen können. Ich mag mir nicht ausmalen, welche Folgen ein solch willkürlicher und unfairer Algorithmus hätte, wenn er bei der Polizeiarbeit zum Einsatz käme.

Mit diesen Bauchschmerzen scheine ich nicht allein zu sein. Auch Hany Farid warnt in seinem Ted Talk auf YouTube vor den Gefahren des Predictive Policing in den USA. In seinem Video erzählt er, dass Gerichte Algorithmen nutzen, um vorherzusagen, ob jemand der auf ein Gerichtsverfahren gegen eine Kaution freigelassen werden darf, oder im Gefängnis auf seinen Prozess warten muss. Als Journalisten die Entscheidungen eines Gerichtes analysierten, fanden sie heraus, dass das benutzte Predictive Policing Menschen mit schwarzer Hautfarbe überdurchschnittlich häufig benachteiligte.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Zu meiner großen Freude erfahren wir auf der Webseite des Landeskriminalamtes Niedersachsen, dass dieses bereits mit dem Predictive Policing experimentiert hat und am 08. Oktober 2021 nach fast 7 Jähriger Testphase zu dem Entschluss kam, dies nicht einzusetzen. Allerdings kann ich nicht sagen, ob dieses Thema damit in ganz Deutschland vom Tisch ist. Denn dieses Forschungsprojekt der Universität Hamburg 2019 geht davon aus, dass Predicitive Policing auch in Zukunft eingesetzt werden wird.

Fazit

Wir wissen nun, was Predicitve Policing ist. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich war durchaus überrascht, dass es nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland eingesetzt wird. Daher bin ich sehr froh, dass ich dies dank der heutigen Recherche nun weiß.

Dank Gerd habe ich nun auf jeden Fall ein besseres Gefühl für Algorithmen. Es gibt Algorithmen, die ich

  • uneingeschränkt liebe. Zu diesen gehören jene, die Microsoft in Word nutzt, um mir mit meiner Rechtschreibung, Grammatik und Texterstellung zu helfen,
  • neutral sehe. Dazu gehört der Suchmaschinen-Algorithmus von Google. Dieser hilft mir bei meiner Recherche, schnell die richtigen Quellen zu finden. Gleichzeitig sorgt er dafür, dass ich manche Quellen zu wenig beachte, indem er sie weiter hinten rankt. Neutral sehe ich diesen Algorithmus, weil ich die Wahl habe, auch andere Suchmaschinen zu nutzen oder Webseiten direkt anzusteuern. Niemand zwingt mich, Google zu nutzen. Ich tue es freiwillig,
  • kritisch sehe. Hierzu zählen die Schufa und das Predictive Policing. Beiden bin ich mehr oder weniger unfreiwillig ausgeliefert. Bei Krediten kann ein schlechtes Scoring schon ärgerlich sein, doch zur Not kann ich Alternativen finden. Beim Predictive Policing dagegen habe ich keine Wahl. Hier entscheiden andere über mein Leben und im Zweifelsfall ist mir nicht einmal bewusst, dass ein Algorithmus diese Entscheidung trifft.

An dieser Stelle bin ich neugierig: Wie siehst Du die Sache mit dem Predictive Policing? Findest Du es eher positiv, oder eher negativ? Welche Vorteile bietet es aus Deiner Sicht? Welche Nachteile siehst Du?

6. April 2023
Lesedauer & Kategorie
7 minBücher
Schnellnavigation
Buchcover zum Beitrag
Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.
Werbung

Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.

Schlagwörter
Autor
6,7 min readCategories: Bücher

Schnellnavigation

Buchcover zum Beitrag

Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.

Schlagwörter

Datum & Autor

6. April 2023
Weißt Du, was tautologisch bedeutet?
Weißt Du, was Sepulkralkultur ist?

Kommentiere den Beitrag

Was passiert nach Deinem Kommentar?

Nachdem Dein Kommentar durch uns geprüft wurde, wird er freigegeben* und erscheint unter diesem Beitrag zusammen mit dem von Dir angegebenen Namen. Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Sie dient uns an dieser Stelle in erster Linie zum Schutz vor Spam. Wenn Du Deine E-Mail-Adresse nicht hier angeben möchtest, kannst Du den Kommentar auch gern auf einem unserer Social Media Profile posten.

 

*Spam und Kommentare, die nur einen Backlink für die eigene Seite zum Ziel haben, werden einfach gelöscht. Nimm gern Kontakt mit uns auf und lass uns die Möglichkeiten eines Sponsored Post besprechen, wenn Du gern einen thematisch passenden Backlink unter einem bestimmten Beitrag platzieren möchtest.