Weißt Du, was Urbexing ist?
Das Jahr 1989 veränderte die Welt nachhaltig. Mit dem Fall der Berliner Mauer wurde Deutschland von einem geteilten zu einem geeinten Land. Ein Ergebnis des Zweiten Weltkrieges, die Teilung Deutschlands, war damit Geschichte. Und von einem auf den anderen Tag wurden die bis dahin so wichtigen Besatzungsmächte eigentlich nicht mehr gebraucht, und vor allem die sowjetische Besatzungsmacht verließ das vereinte Deutschland.

Der Autor
erzählt in seinem Buch die Geschichte eines Ortes, der einst der Arbeitsort für sowjetische Soldaten war und heute als Bücherstadt bekannt ist:
„Nunmehr präsentiert sich Wünsdorf als Bücherstadt (»und Bunkerstadt«), ein Versuch, die düsteren Ereignisse der Vergangenheit hinter sich zu lassen – durch Buchmessen, literarische Begegnungen und Ausstellungen. Gleichzeitig sind die verfallenen Anlagen aus dem Kalten Krieg und die abblätternden Wandgemälde mit ihren fröhlichen Traktorfahrern im Stil der sowjetischen Realismus eine wichtige Erinnerung an die Teilung Deutschlands. Sie machen den Ort zu einem Mekka für Militär und Urbexing-Fans, die deutsche Geschichte hautnah erleben wollen.“
S. 47.
Bis jetzt dachte ich, dass ich Wünsdorf, den Abenteuerspielplatz meiner Jugend, wie meine Westentasche kenne. Ein Ort, an dem ich dank meines verstorbenen Vaters hautnah Dinge erlebt habe, die heute als historisch gelten. Ich habe Äpfel aus dem Garten der Burlakow Villa genascht, ich habe gigantische Steinpilze in den Wäldern Wünsdorfs gesammelt, als die zivile Bevölkerung diese noch nicht betreten durfte. Ich war in den Bunkern, als die Stadt noch nicht „Bunkerstadt“ hieß, ich habe mit alten Männern auf einem Acker gestanden und erlebt, wie sie nur anhand eines Luftbildes ein abgestürztes Flugzeug auf einem Acker ausgruben.

Woran ich mich allerdings nicht erinnern kann, ist, dass ich in Wünsdorf jemals einem Urbexing-Fan begegnet bin. Ob das daran liegt, dass ich tatsächlich nie einem begegnet bin, oder ob ich einfach nur nicht wusste, dass ich einem begegnete, wird uns mit ein wenig Glück nun hoffentlich unser Lexikon verraten.
Was das Lexikon sagt
Heute ist uns das Glück nicht hold. Unser Lexikon hält keinen passenden Eintrag für uns bereit.
Was das Internet sagt
Wikipedia kennt unseren heutigen Begriff und verrät uns, dass dieser eine Abkürzung ist:
„Urban Exploration oder Urban Exploring (kurz: Urbex/Urbexing) oder Stadterkundung ist die private Erkundung von Einrichtungen des städtischen Raums und sogenannter Lost Places.“
Das bedeutet, dass ich in Wünsdorf in den letzten Jahrzehnten nicht nur unwissentlich zahlreichen Urbexern begegnet bin, ich war, ohne es zu wissen, eine der ersten Urbexerinnen in Wünsdorf. Denn während mein Vater in Wünsdorf als Fotograf unterwegs war, der den Auftrag hatte, die Gebäude zu dokumentieren, habe ich ihn häufig begleitet.
Dieses YouTube Video zeigt einen Urbexer in Wünsdorf. Er läuft durch völlig zerfallene Gebäude des Dorfes und erzählt seinen Zuschauern dabei, was es mit der Geschichte des Dorfes auf sich hat.
Fazit
Wir wissen nun, was es mit dem Begriff Urbexing auf sich hat. Unser Autor nutzt diesen Begriff wahrscheinlich deshalb ohne Erläuterung, weil er selbst ein Urbexer ist und davon ausgeht, dass seine Leser auch zu diesem Kreis von Menschen gehören.
Ich für meinen Teil kann die Faszination für Urban Exploring absolut nachvollziehen. Für mich als Kind hat sich jeder Ausflug mit meinem Vater in die für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Orte wie ein Abenteuer angefühlt. Allerdings bin ich mir auch der Gefahren bewusst, die damit einhergehen. So erinnere ich mich gut an die Geschichte eines Freundes von meinem Vater, der in den Wald fuhr und etwas mitbrachte, dass andere so sehr entsetzte, dass diese erst einmal ein Bomben-Entschärfungsteam kontaktierten, bevor das Fundstück wie vom Freund beabsichtigt ins Museum durfte.
Das Wünsdorf-Video des Urbexer zu sehen, schmerzt mich dagegen. Ich habe den Abzug der Truppen live miterlebt. Ja, das waren Soldaten. Ja, das waren Menschen, die nach dem Fall der Mauer keine Aufgabe mehr im freien Deutschland hatten. Doch diese Menschen hatten Familien. Diese Familien lebten teils sehr lange in Deutschland und wurden binnen kürzester Zeit zurückgeschickt in ein Land, das nicht mehr jenes war, aus dem sie gekommen waren. Zu sehen, dass die Orte, an denen diese Menschen gelebt hatten, ungenutzt verfallen, schmerzt mich bis heute, weil manche dieser Menschen gern geblieben wären.
An dieser Stelle bin ich neugierig: Hast Du Erfahrungen mit Urbexing?
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.
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