Weißt Du, wer Boris Vian ist?

Ich bin mir sehr sicher, dass mir dieser Name zum ersten Mal in dem Buch von 

Giacomo A. De Bastiani: Die sonderbare Insel der Entschwebten

begegnet ist. Giacomo ist Sohn eines Bestatters und ist auf einem Friedhof in der Nähe von Florenz aufgewachsen. Sein Buch ist ein autobiografischer Roman, der unter anderem sehr schön schildert, wie wild es für ein Kind ist, an einem solchen Ort aufzuwachsen. 

In einem Kapitel erzählt er, wie sein Bruder sich in die Tochter eines Metzgers verliebt. Dieses Kapitel beginnt mit den folgenden Worten:

„“Im Leben zählen nur 2 Dinge: die Liebe zu hübschen Mädchen – und die Musik…“ Diese Aussage von Boris Vian gilt zu jederzeit und an jedem Ort, selbst an den unvorstellbarsten Plätzen wie auf einem Friedhof und in einer Metzgerei.“

S. 33.

Ich liebe diese Einleitung, da sie mir eine spannende Absurdität vor Augen führt. Die Kinder des Bestatters hatten unter anderem in der Schule gesellschaftliche Schwierigkeiten, weil viele Menschen Schwierigkeiten haben, mit dem Tod umzugehen. Die Kinder des Metzgers hatten diese Schwierigkeiten nicht, obwohl auch der Metzger vom Tod lebt. Denn ohne tote Tiere gäbe es kein Fleisch. Während der Metzger, der Tiere tötet, keine gesellschaftlichen Schwierigkeiten hat, wird der Bestatter, der sich darum kümmert, dass Tote in Frieden ruhen können, ausgegrenzt.

Da wir nun wissen, in welchem Kontext das Zitat von Boris auftaucht, ist es an der Zeit, unser Lexikon zu fragen, wer Boris ist.

Was das Lexikon sagt

Zu meiner großen Freude weiß unser Lexikon, wer Boris ist.

Vian [vjā], Boris, frz. Schriftsteller, * Ville-d’Avray (Dép. Hauts-de-Seine) 10.3. 1920, † Paris 23. 6. 1959; war Ingenieur, dann Jazzmusiker, Sänger, Schauspieler, Leitfigur der antibürgerl. Pariser Jugend seiner Zeit. V. schrieb (unter dem Pseud. Vernon Sullivan) Romane nach dem Muster amerikan. Kriminalromane, später, beeinflusst von Surrealismus und Existenzialismus, fantastisch-groteske Romane (»Ich werde auf eure Gräber spucken«, 1946; »Cloé«, 1947, auch u. d. T. »Die Gischt der Tage«; »Der Herzausreißer«, 1953) und Novellen, Chansons sowie dem absurden Theater nahe stehende Dramen.

Das Zeit Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Band 15, S. 477.

Der Mann, der gerade einmal 39 Jahre alt wurde, war

• Ingenieur
• Schriftsteller (unter Pseudonym Vernon Sullivan)
• Jazzmusiker
• Sänger und
• Schauspieler.

Unser Lexikon hat uns eine fantastische Basis für eine Internetrecherche geschenkt, die hoffentlich noch ein paar mehr Details über diesen vielseitig talentierten Menschen zu Tage fördern wird.

Was das Internet sagt

Boris Leben beginnt in einem reichen Umfeld, so dass er unter anderem  Unterrichtdurch Privatlehrer bekommt. Doch dann geht sein Vater fast Bankrott, und die Familie muss ins eigene Gartenhaus umziehen, und er lernt das Leben aus einem ganz neuen Blickwinkel kennen. Boris erlebt nun eine andere Welt. Zudem erfährt er, dass er nicht alt werden wird, da er ein krankes Herz hat.

Mitten im Zweiten Weltkrieg verliert  Boris im Alter von 24 Jahren seinen Vater. Dieser stirbt nicht etwa im Krieg, sondern durch die Hand von Einbrechern. Der Bücherwurm Boris, der zu diesem Zeitpunkt bereits ein verheirateter Musiker ist, wird nach dem Tod des Vaters Schriftsteller. In nur 2 Wochen schreibt er unter dem Pseudonym Vernon Sullivan den Roman „ich spucke auf Eure Gräber“, der einen Skandal vom Zaun bricht.

Auch in der Musik bewegt er sich in Bereichen, die ihm nicht nur Freunde machen. Ein Beispiel dafür ist der Song Le Desateur, der in diesem YouTube Video zu hören ist. Zu meiner großen Freude liefert die Webseite Songtexte.com eine deutsche Übersetzung des Textes, in der unter anderem folgende Worte zu lesen sind:

„Ihr schwört im Parlament,
man müsse Blut vergießen,
so lasset eures fließen,
verehrter Präsident!“

Fazit

Ich bin mir sicher, dass es über Boris Vian noch viel mehr zu wissen gibt. Doch ich für meinen Teil bin glücklich mit dem, was ich heute über ihn gelernt habe. Boris ist ein Kämpfer, der sich im Angesicht des Todes nicht in sein Leid zurückzieht, sondern eine „Jetzt erst recht Haltung“ einnimmt. Es scheint mir so, als ob er danach strebte, so viel wie möglich in sein kurzes Leben zu packen und es dem Tod zu beweisen. Mit dieser Haltung geht man schon mal ein Wette ein, in deren Rahmen man ein Buch binnen zwei Wochen schreibt und unter einem Pseudonym veröffentlicht. 

Mich begeistert die Tatsache, dass er sich in seinen Werken für andere stark macht. Er ist ein Pazifist, der sich in einer Zeit, in der Rassismus noch zum Alltag gehörte, gegen diesen ausspricht. 

Dank der heutigen Recherche sind Boris Bücher auf die lange Liste jener Bücher gewandert, die ich irgendwann einmal lesen werde, wenn ich die Zeit dazu finde.