Weißt Du, wer Marcel Duchamp ist?

Ich hab keine Ahnung wer das sein könnte.

Weil ich mich kaum mit Kunst beschäftige und mir Namensowieso nur schwer merken kann, glaube ich, dass ich den Namen noch nie zuvor gehört habe. Dank

Kolja Reichert: Kann ich das auch? 50 Fragen an die Kunst

weiß ich nun, dass Marcel Duchamp ein Künstler ist, der es geschafft hat, dass ein signiertes Pissoir zur Ikone der modernen Kunst wurde. Als ich das las, fragte ich mich, wie ein Mensch auf die Idee kommt, ein Pissoir zu signieren und dann auch noch in der Lage ist, andere davon zu überzeugen, dass das Kunst ist. Außerdem interessierte mich, wie andere Werke dieses Menschen aussehen. Geht der Mann einfach in den Baumarkt, signiert etwas und verkauft es dann als Kunst? Oder stellt das Pissoir eine Ausnahme dar?

Lass uns doch einmal schauen, ob wir heute mit Hilfe des Internets Antworten auf diese Fragen erhalten.

Wer ist Marcel Duchamp?

Nun, Marcel ist nicht mehr. Er war ein Maler, der 1887 in Frankreich geboren wurde und dort 1968 verstarb. Zu meiner großen Freude hat die Webseite Kunst Zeiten sein Leben in aller Ausführlichkeit beschrieben, so dass ich dieses hier kurz zusammenfassen kann.

Bereits im zarten Alter von 15 beginnt Marcel zu malen. Seine Inspirationen und Techniken entstammen am Beginn seiner Karriere dem Impressionismus (sichtbare Pinselstriche, oft Landschaften), dem Kubismus (geometrische Formen), dem Fauvismus (leuchtende Farben, grobe Pinselstriche) und dem Symbolismus (gefühlt alle Motive, die etwas symbolisieren können).

1915 bis 1923 widmet sich Marcel der Erschaffung von Objekten, zu denen auch das von unserem Autor erwähnte Pissoir gehört. Gefolgt von einer kurzen Phase, in der er sich mit dem Schachspiel beschäftigte, widmete er den Rest seines Lebens dem Surrealismus und macht dabei auch vor der Mona Lisa nicht halt, der er einen Bart verpasste.

Wie wird ein Pissoir zu einem Kunstobjekt?

Weil es nicht als Kunst gesehen wurde, wurde es zur Kunst.

Der Deutschlandfunk geht dieser Frage auf seiner Webseite nach und verrät uns auch, dass das Objekt nicht als signiertes Pissoir, sondern als „Fountain“ in Museen ausgestellt wird. Zudem vermutet der Deutschlandfunk, dass das Originalwerk heute nicht mehr existiert, da es bereits bei seiner ersten Präsentation in einer Ausstellung auf dem Müll landete.

Das Werk sollte 1917 auf der Jahresausstellung der Society of Independent Artists, die Marcel selbst mit ins Leben gerufen hatte, zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das Besondere an dieser Ausstellung war, dass sie Werke von Künstlern frei und unzensiert präsentieren wollte.

Bei der „Fountain“ war es dann aber mit der freien und unzensierten Präsentation vorbei. Da Marcel das Werk nicht mit seinem eigenen Namen, sondern mit R. Mutt signiert hatte, konnte ihm keiner das Werk zuordnen. Und so wies die Jury das Werk zurück. Als Grund wurde angegeben, dass Alltagsgegenstände keine Kunst sein können. Diese Entscheidung der Jury brachte die Frage ins Rollen, „Was ist Kunst?“ Und Marcel hatte mit seiner Aktion eine neue Kunstform, die sogenannten Readymades, ins Leben gerufen.

Dass das vernichtete Werk noch heute in Museen bewundert werden kann liegt daran, dass Marcel nach der Vernichtung des Originals Duplikate anfertigte.

Das von Marcel erwählte Pissoir ist auf der Unterseite nicht flach, so dass es nicht einfach hingestellt werden kann. Es ist liegend,wird also um 90 Grad gedreht präsentiert. Die Seite des Pissoirs, die sich normalerweise an der Wand befindet, befindet sich nun also auf dem Boden. Ich habe vermutet, dass diese Drehung keine künstlerische Bedeutung hat. Doch laut dieses YouTube Videos habe ich mich dabei gründlich geirrt.  In knapp 6 Minuten wird hier ausführlich darauf eingegangen, dass die 90° Drehung ein wichtiger und andere Künstler inspirierender Teil des Werkes ist.

Welche Kunstwerke hat Marcel noch erschaffen?

Dann bin auch ich Kunst, weil ich ein Alltagsgegenstand bin, oder?

Auf der Webseite des Museums für Moderne Kunst sind neben der „Fountain“ weitere Werke von Marcel zu sehen. Die „Fountain“ war nicht der einzige Alltagsgegenstand, ich meine natürlich Readymade, den Marcel ins Museum brachte. Sein Werk „Trap“ ist ein auf dem Boden liegender Kleiderhaken, bei Bicycle Wheel handelt es sich um einen Fahrradreifen, ohne Decke und mit halber Gabel und bei in advance oft he broken arm ist es eine Schneeschaufel.

Neben diesen Readymades zeigt die Museumswebseite auch Bilder, die Marcel gemalt hat. Zu sehen sind hier unter anderem das Werk two nudes, das wie der Titel vermuten lässt, zwei unbekleidete Frauen in der Natur zeigt sowie Landscape at Blainville, auf dem ein kleines See, eine Brücke, ein paar Bäume und ein für mich nicht zuzuordnendes beiges Dreieck zu sehen sind.

Bei meiner Recherche ist mir ein einziges Werk von Marcel begegnet, das ich mir freiwillig in die Wohnung hängen würde. Es trägt den Namen Mariée und stammt aus dem Jahr 1912. Es handelt sich um ein abstraktes Bild, daher kann ich nicht sagen, was genau zu sehen ist. Doch die dezenten Farben und die naturgetreue Darstellung von Licht und Schatten gefallen mir.

Fazit

Als ich mit der heutigen Recherche begann, hatte ich nicht das Gefühl, das Marcel und ich Freunde werden könnten. Die Vorstellung, ein Pissoir als Kunst zu verkaufen, erschien mir einfach als absurd. Nach meiner Recherche kann ich nun besser nachvollziehen, warum Marcel die „Fountain“ erschaffen hat. Ich finde die Motivation dahinter gut. In meine Wohnung würde ich sie mir dennoch nicht stellen.

Was mich an Marcel tatsächlich fasziniert ist die Breite seiner Werke. Er hat sich nicht an den Readymades festgehalten, sondern in seinem Leben verschiedene Kunstrichtungen ausgelebt. Während ich mir heute Morgen nicht vorstellen könnte, dass ich wegen Marcel einmal ein Museum betreten würde, freue ich mich nun darauf, eines seiner kubistischen Bilder einmal im Original zu erleben.

An dieser Stelle bin ich neugierig: Würdest Du Dir eines von Marcels Readymades in die Wohnung stellen, wenn Du die finanziellen Mittel dafür hättest?

24. Oktober 2022
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Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.

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Weißt Du, was es mit "Mandalas" auf sich hat?
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