Wie entstehen weiße Linien auf Buntstiftzeichnungen? Oder was ist Sgraffito?
Was passiert, wenn Du mit einem weißen Buntstift eine Linie in einem Buntstiftbild ziehst?
- Na, was wohl? Es entsteht eine weiße Linie, schließlich ist es ein weißer Buntstift.
- Es entsteht keine weiße Linie.
Ich erinnere mich noch verschwommen an meinen ersten Kontakt mit einem weißen Buntstift, der ungefähr so verlief. In der Annahme, dass sich damit weiße Linien zeichnen ließen, setzte ich ihn aufs Papier und zog eine Linie. Auf dem weißen Blatt war nichts zu erkennen. Dann dachte ich:
„Kann gar nicht funktionieren, ist ja weiß auf weiß.“
Also nahm ich die anderen Buntstifte, zeichnete etwas und griff dann wieder nach dem weißen Buntstift, mit dem ich erwartungsvoll eine Linie zog. Zu meiner Enttäuschung erhielt ich wieder keine weiße Linie und legte den weißen Buntstift für eine sehr lange Zeit zur Seite.
Wie entstehen weiße Linien auf Buntstiftzeichnungen?
Es sollten viele Jahre vergehen, bis ich unter anderem dank
Iain Hutton-Jamieson: Zeichnen mit Buntstiften. Einführung in die Grundlagen,
endlich lernte
- wie ich weiße Linien auf einer Buntstiftzeichnung erschaffe, und
- was ich mit einem weißen Bleistift anfangen kann (Link zum Firnis Blog-Beitrag).
Es gibt verschiedene Werkzeuge, um eine weiße Linie in eine Buntstiftzeichnung zu zaubern:
- Einen weißen Gel-Stift.
- Ein Radiergummi.
- Ein Kratzwerkzeug.
Das einfachste aller genannten Werkzeuge ist der weiße Gel-Stift, weil dieser genau das tut, was ich erwarte: Er zeichnet eine feine weiße Linie. Allerdings ist es nicht einfach, einen guten weißen Gel-Stift zu finden. Viele Gel-Stifte haben nicht genug Deckkraft, andere wiederum tun sich schwer damit, auf einer Buntstiftzeichnung zu funktionieren.
Eine weiße Linie mit einem Radiergummi zu erzeugen ist schon eine deutlich größere Herausforderung. Zum einen ist die Spitze eines Radiergummis nicht sehr präzise, zum anderen lassen sich die meisten Buntstifte nur schlecht radieren.
Die schönsten weißen Linien auf einer Buntstiftzeichnung lassen sich in meinen Augen mittels der Sgraffito-Technik (Sgraffito leitet sich vom italienischen Wort für kratzen=sgraffiare ab) mit einem Kratzwerkzeug erzeugen.
Weiße Schnurrhaare dank Sgraffito – Kratzen vor dem Malen
Mein erster richtiger Kontakt mit Sgraffito war mein Wunsch, eine Katze mit weißen Schnurrhaaren zu zeichnen. Ich wusste, dass es geht, weil ich im Internet entsprechende Bilder gefunden hatte. Doch ich hatte keinen Schimmer, wie die Künstler es hinbekommen hatten, die Schnurrhaare zu zeichnen. Doch zum Glück gibt es YouTube. In diesem großartigen Video habe ich bei Minute 5:45 den Trick entdeckt. Wenn Du genau hinschaust, siehst Du, wie die Künstlerin mit einem metallenen Stift Punkte in das Papier drückt, bevor sie die Fläche mit Ihren Buntstiften coloriert. Die Punkte sind so tief im Papier, dass der Buntstift hier einen Kontakt zum Papier bekommt und daher bleibt diese Stelle am Ende weiß. Auf die gleiche Weise lässt sich auch ein weißes Schnurrhaar kratzen. Allerdings braucht es für die Technik viel Fingerspitzengefühl. Wer mit dem Buntstift zu sehr aufdrückt, zerstört den Kratzer und somit den geplanten weißen Strich.
Sgraffito-Strukturen – Kratzen nach dem Malen
Dank unseres Autors habe ich gelernt, dass Sgraffito auch hervorragend funktioniert, um nachträglich Strukturen auf Flächen zu erzeugen. Hierfür wird zunächst einmal eine Reihe an Farbschichten aufgebaut, wobei mit der hellsten Farbe begonnen wird. Sobald die Farbschichten zum Beispiel in folgender Reihenfolge
- gelb,
- orange,
- grün,
- rot,
- blau
aufgetragen sind, nimmt man sich ein Kratzmesser und kratzt die oberen Farbschichten weg. Auf diese Weise tauchen inmitten der blauen Fläche wieder die darunterliegenden Farben auf. Hier siehst Du zwei Videos, bei denen diese Technik (mit weniger Farbschichten) bei Fassaden und Ton genutzt wird:
- Häuser https://www.youtube.com/watch?v=4K86nldey-0
- Tonverarbeitung https://www.youtube.com/watch?v=DHWTrKKzaM0
Fazit
Beim Schreiben dieses Beitrages ist mir aufgefallen, dass ich die Sgraffito-Technik schon in der Schule genutzt habe. Damals leistete sie mir bei meinen Spickzetteln gute Hilfe. Weil ich mir Dinge schlecht merken konnte, schrieb ich vor einem Vokabeltest die Vokabeln etliche Male ab. Eines Tages saß ich in einem Text und stellte fest, dass ich beim Abschreiben so sehr aufgedrückt hatte, dass ich die durchgedrückten Vokabeln auf meinem Schreibblock sehen konnte, wenn ich diesen ein wenig gegen das Licht hielt. Von diesem Tag an nutzte ich die Kratz…, ähm, ich meine die Durchdrücktechnik gern für meine Spicker. Wenn ein Lehrer Lunte roch, zerknüllte ich meinen Spicker einfach und schon waren alle Spuren verwischt.
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