Würdest Du auf 100 € verzichten, um ein Menschenleben zu retten?
Notiere bitte Deine Antwort auf diese Frage. Meine Anschlussfrage lautet: Was denkst Du, wie viele von 100 Menschen wären bereit, auf 100 € zu verzichten, um ein Menschenleben zu retten? Genau dieser spannenden Frage geht der Autor
in mehreren Experimenten nach. Ja, Du hast richtig gelesen, mehrere Experimente. Denn unser Autor ist Verhaltensökonom. Er ist nicht nur daran interessiert, wie sich Menschen in einem bestimmten Versuchsaufbau verhalten, sondern erforscht die Faktoren, die das menschliche Verhalten beeinflussen. Aus diesem Grund gibt sich Falk nicht mit einem Experiment zufrieden, sondern wiederholt das Experiment einige Male mit leichten Veränderungen.
Die Ergebnisse der Experimente haben mich so fasziniert, dass ich sie heute mit Dir teilen möchte. Los geht’s?
Wie viele Studenten verzichten auf 100 €, um ein Menschenleben zu retten?
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, nutzte Falk folgenden Versuchsaufbau. Er erzählte den Versuchsteilnehmern, dass sie für die Teilnahme an einem Experiment zusätzlich zu ihrer Aufwandsentschädigung 100 € erhalten könnten. Wenn sie aber bereit wären, auf diese 100 € zu verzichten, würden diese 100 € vom Experimentator auf 350 € erhöht und an eine Organisation gespendet, die mit dem Geld fünf an Tuberkulose erkrankte Menschen behandeln würde. Im Folgenden wurden den Studenten detaillierte Zahlen vorgelegt, die belegten, dass einer von fünf unbehandelten an Tuberkulose Erkrankten an der Krankheit stirbt. Die durch die Spende ermöglichten Behandlungen würden die Sterbequote also auf null reduzieren. Somit würde eine Spende also ein Leben retten.
Was meinst Du, wie viele Studenten waren bereit, auf die zusätzlichen 100 € zu verzichten? Die Antwort lautet 57 %. Das bedeutet, unser Autor wurde durch dieses Experiment zu einem echten Lebensretter. Denn im Rahmen dieses Experiments wurden 7145 Menschen behandelt und somit ca. 1200 Menschenleben gerettet.
Hätte ich auf 100 € verzichtet?
Was ich an dem Versuchsaufbau besonders mag, ist, dass ich in diesem Experiment ein mit hoher Wahrscheinlichkeit anderes Verhalten an den Tag gelegt hätte, als ich es normalerweise tue. Ich gehöre zu den Menschen, die nicht Spenden. Okay, ich spende jeden Monat 8 € an kplx über Steady, doch dafür erhalte ich im Gegenzug liebevoll gezeichnete Bilder in meiner Timeline. Für mein Gefühl ist es daher eher eine Bezahlung, als eine Spende.
Ich meine, wenn ich schreibe, dass ich nicht spende, dass ich nicht an Hilfsorganisationen spende. Das liegt daran, dass ich (ohne es geprüft zu haben) der festen Überzeugung bin, dass Hilfsorganisationen nicht helfen. Ich habe immer das Gefühl, dass sehr viel von meinem gespendeten Geld in der Verwaltung der Organisation oder an irgendeiner Stelle durch Korruption verloren geht.
Aus drei Gründen hätte ich im Experiment unseres Autors gegen mein normales Spendenverhalten verstoßen:
- Es geht nicht um mein Geld. Es geht darum, das Geld eines anderen zu spenden. Die Spende bedeutet für mich also nicht, dass ich auf etwas verzichten muss, was ich normalerweise habe
- Die Informationen überzeugen mich. Vor diesem Experiment wusste ich nichts über die Effektivität von Tuberkulosebehandlungen.
- 100 € sind viel Geld. Doch aktuell haben 100 € zusätzlich keinen Einfluss darauf, ob ich überlebe oder nicht.
Da diese drei Faktoren zusammenkommen, hätte ich in diesem Experiment gespendet.
Was passiert mit der Spendenquote, wenn sich der Betrag ändert?
Zu meiner großen Freude hat sich unser Autor im Rahmen weiterer Experimente auch dieser Frage gewidmet und kam zu folgenden Ergebnissen:
- 20 € = 82 %
- 40 € = 73 %
- 50 € = 64 %
- 250 € = 29 %
Was passiert, wenn Spendenentscheidungen „öffentlich“ gemacht werden?
Ich liebe unseren Autor dafür, dass er an dieser Stelle einen Schritt weiterdenkt als ich. Während ich neugierig war, ob ein anderer Spendenbetrag zu einem anderen Spendenverhalten führt, wäre ich nie auf die Idee gekommen zu fragen, ob der Wunsch, in den Augen anderer gut dazustehen, ebenfalls einen Einfluss auf die Spendenentscheidung haben kann.
Um herauszufinden, ob dieser Faktor ebenfalls Einfluss auf das Spendenverhalten der Teilnehmer hat, wiederholte unser Autor das 100 € Experiment. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen geteilt. Die erste Gruppe teilte ihre Spendenentscheidung anonym mit, die zweite Gruppe musste ihre Spendenentscheidung drei unbekannten Menschen mitteilen. Dieser Faktor, den ich nicht einmal in Erwägung gezogen hätte, hatte einen extrem hohen Einfluss auf das Spendenverhalten: Wer keine Rechenschaft über sein Spendenverhalten ablegen musste, war deutlich weniger bereit zu spenden als diejenigen, die ihr Verhalten offenlegen mußten.
- Spender bleiben anonym 47 %
- Spender erklären sich gegenüber 3 Unbekannten 72 %
Auch bei 200 € Spendenbetrag gab es diesen Effekt
- Spender bleiben anonym 26 %
- Spenden erklären sich gegenüber 3 Unbekannten 44 %
Fazit
Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber dank dieses detaillierten Experiments bin ich nun ein großer Fan unseres Autors. Nein, dass liegt jetzt nicht daran, dass er 1200 Menschenleben gerettet hat, sondern daran, dass er mit der Veröffentlichung seiner Experimente Wissen teilt, das seine Leser nutzen können, um Menschen zu einem besseren Verhalten zu veranlassen.
Die spannende Frage an dieser Stelle lautet nun: Wie kannst Du das durch die Experimente offenbarte Wissen nutzen, um die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen?
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Das Buch, das diesen Beitrag inspiriert hat, habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Das bedeutet, ich habe das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, um darüber zu schreiben.
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