Kann Architektur Menschen, die sich nicht kennen, näher zusammenbringen?
Lange Zeit dachte ich, dass es bei Architektur nur um mehr oder weniger schöne Gebäude geht. Doch dann lernte ich, dass die Architektur eines Büros massiven Einfluss auf unsere Zusammenarbeit haben kann. Seitdem ich das weiß, sehe ich Architektur mit anderen Augen. Doch nun bin ich bei
über ein Ereignis gestolpert. Dieses hat mir bewusst gemacht, dass ich das Potenzial, das in der Architektur steckt, noch immer völlig unterschätze. Dieses Ereignis hat mich so nachdenklich gemacht, dass ich es heute mit Dir teilen möchte. Anschließend schauen wir, was wir in Bezug auf die Architektur aus diesem Ereignis lernen können.
Das Ereignis, dass mir gezeigt hat, dass ich Architektur unterschätze
Wir scheiben das Jahr 2016. Es ist kurz vor Weihnachten. Wir befinden uns in Amsterdam, genauer gesagt im Amsterdamer Flughafen Schipol, dem drittgrößten Flughafen in Europa. Der Flughafen ist wie jeder größere Flughafen der Welt so gestaltet, dass ihn in kurzer Zeit viele Menschen durchlaufen können. Er verfügt über leicht zu reinigende Wartebereiche, Abfertigungsschalter, WCs und Einkaufsgelegenheiten.
Doch an diesem Tag, kurz vor Weihnachten 2016, ist etwas anders. Mitten im Flughafen befindet sich wie dieses YouTube Video zeigt ein weißes Podest, auf dem 20 blaue Sitzhocker um eine blaue Säule drapiert sind. Auf der Säule ist das Logo der Airline KLM prangt. Die Installation steht in der Mitte eines Wartebereiches und ist für viele der Wartenden unübersehbar. Auf den ersten Blick wirkt das Ganze wie eine ungewöhnliche Werbeinstallation, die versucht, die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich zu lenken. Im ersten Moment passiert das, was häufig passiert. Fast alle Menschen nehmen die Werbung als Werbung wahr und blenden sie anschließend aus. Wer will schon die ganze Zeit auf eine blaue Säule starren, während er auf seinen Flieger wartet?
Doch dann passiert etwas Unerwartetes. Aus irgendeinem Grund entschließt sich ein Wartender, nicht auf einen freien Platz auf einen der braunen Flughafenbänke mit Rückenbank zu warten, sondern wählt einen der blauen Hocker als Sitzgelegenheit. In dem Moment des Hinsetzens bewegt sich die Säule ein Stück nach unten. Eine zweite Person setzt sich auf einen der blauen Hocker und wieder bewegt sich die Säule ein Stück nach unten. Das kann ein Zufall sein, oder? Da die anderen Hocker in Reichweite sind, drückt die zweite Person auf einen weiteren Hocker und tatsächlich, die Säule kommt wieder etwas nach unten.
Jetzt hat die Säule nicht nur die volle Aufmerksamkeit der zwei Sitzenden, sondern auch die einiger Wartender, die den Vorgang aus dem Augenwinkel beobachtet haben. Was das Ganze interessant macht, ist, dass sich oben auf der Säule etwas befindet, was erst sichtbar wird, wenn alle 20 Hocker aktiviert werden. Um die eigene Neugier zu befriedigen laden die sitzenden Menschen alle anderen Wartenden in der Nähe durch Gesten ein, sich auf einen Hocker zu setzen. Wenn das Winken nicht reicht, drücken sie auf den Hocker neben sich und zeigen dem Eingeladenen, dass er keine Angst haben muss, sondern dass er gebraucht wird, um das Rätsel der Säule zu lösen. Zaghaft füllen sich die Hocker. Auch der ein oder andere Außenstehende fragt einen der bereits sitzenden, ob er sich neben ihn setzen kann.
Irgendwann ist die Mission vollbracht. Alle 20 Hocker haben einen Menschen gefunden. Die Säule ist auf Tischhöhe zusammengeschrumpft und gibt endlich ihr Geheimnis preis. Am oberen Ende der nun zum Tischbein mutierten Säule befindet sich ein elegant gedeckter Weihnachtsesstisch in den Farben der werbenden Airline. Plötzlich sitzen 20 Menschen aus aller Herren Länder, die sich vorher nicht kannten, gemeinsam an einem Tisch. Alles, was die bunt zusammengewürfelte Truppe eint, ist
- Mut,
- Neugier,
- ein gemeinsames Ziel (herausfinden was da oben befindet)
- und die Tatsache, dass sie sich zur gleichen Zeit auf einem Flughafen befinden.
Und nun passiert etwas Magisches. Die Menschen essen und trinken gemeinsam. Dabei unterhalten sie sich, sie lachen und genießen die gemeinsame Zeit. Sie schießen Fotos. Sie berühren sich. Sie prosten sich zu. Menschen, die sich beeilen müssen, um ihren Flug zu bekommen, verabschieden sich bei allen. Auf einmal wirken die 20 Fremden, die sich gerade noch gefragt haben, ob sich hinzusetzen eine gute Idee ist, so gar nicht mehr wie 20 Fremde.
Was ist passiert?
Oder besser gefragt, wie gelingt es einer Marketingaktion, 20 Unbekannte zusammenzubringen. so dass sie binnen kürzester Zeit wie Freunde wirken? Ich bin kein Experte, doch nachdem ich das Video gesehen habe, schätze ich, dass neben den 4 oben genannten Punkten unter anderem folgende Faktoren eine Rolle gespielt haben:
- Geschenk
- Zusammenarbeit
- gemeinsam Essen
- Weihnachten
- Überraschung
- Wertschätzung
Der Aktion ist es gelungen, das Unmögliche möglich zu machen. An einem Ort, an dem ein verlassenes Gepäckstück Menschen in Panik versetzen kann, hat ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Belohnung und ein gemeinsames Essen unüberwindbar scheinende Grenzen überwunden.
- Überall auf der Welt arbeiten Menschen täglich zusammen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
- Überall auf der Welt essen Mensch regelmäßig zusammen, um freundschaftliche Bande zu knüpfen oder zu stärken.
- Überall auf der Welt gibt es Feste wie Weihnachten, die in Gruppen gefeiert werden.
- Überall auf der Welt freuen sich Menschen über Geschenke.
- Überall auf der Welt freuen sich Menschen, wenn sie Wertschätzung erfahren.
Der Aktion ist es gelungen, diese Gemeinsamkeiten zu nutzen, um ein gemeinsames Erlebnis zu schaffen und Fremde zusammen zu bringen.
Kann Architektur Menschen zusammenbringen?
20 Unbekannte an einem Flughafen zusammenzubringen ist eine große Leistung. Doch das reicht mir nicht. Ich möchte wissen, ob wir das Ganze größer denken können. Können wir aus der Marketingaktion lernen, Menschen zusammenzubringen? Ich glaube, ja. Wir haben gesehen, dass wir Menschen zusammenbringen können, wenn wir Gemeinsamkeiten sichtbar machen, oder diese schaffen.
Durch diese Gemeinsamkeiten können wir Grenzen überwinden und Menschen zusammenbringen, die sich nicht kennen. Menschen, die sich kennen, können einander vertrauen. Vertrauen ist die Basis für Zusammenarbeit. Und ich glaube, dass unsere Welt eine viel bessere wäre, wenn Menschen mehr miteinander als gegeneinander arbeiten würden.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Architektur in Zukunft dazu nutzen können, Menschen gezielt zusammenzubringen. Alles, was uns hierfür fehlt, sind sinnvolle Ideen. Und an genau dieser Stelle bist nun Du gefragt. Wo macht es aus Deiner Sicht Sinn, Architektur zu schaffen, so dass diese Menschen zusammenbringt? Wie würden wir Mietshäuser gestalten, wenn wir das Ziel verfolgten, eine starke Hausgemeinschaft zu formen? Wie würden Shoppingcenter oder Bahnhöfe aussehen? Welche Gebäude schaffen heute Grenzen statt Gemeinsamkeiten, die wir dringend benötigen? Ich kenne die Antworten auf diese Fragen nicht. Doch die Geschichte unseres Autors hat mich motiviert, sie zu stellen. Und ich bin sehr gespannt auf Deine Antworten.
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