Warum ist Werbungen so verführerisch?
Ich weiß nicht wie es Dir geht, aber wenn ich an Werbung denke, denke ich automatisch an die uralte Raffaello Werbung, in der diese Frau mit dem gigantischen weißen Hut nach einem Raffaello greift. Das Krasse ist, dass ich diese Werbung wahrscheinlich vor 15 Jahren das letzte Mal wirklich gesehen habe und dennoch erinnere ich mich glasklar an sie. Warum auch immer hat mich die Werbung als ich sie das erste Mal sah tief beeindruckt. Das strahlende paradiesische Weiß und diese Kokoskugeln waren sofort unwiderstehlich für mich. Noch heute vernichte ich eine Packung tiefgekühlte Raffaello binnen 20 Minuten. Wohl wissend, dass mir danach schlecht ist und ich mindestens 3 Monate kein Raffaello mehr sehen kann. Doch wenn ich Raffaello esse, habe ich in mir das wohlig warme Gefühl an einem einsamen Strand in der Karibik zu sein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist Raffaello für mich irgendwie Urlaubsersatz, obwohl ich in meinen Urlauben nie Raffaello esse.
Zu meiner großen Freude kann ich mir dank
Malcolm Gladwell: Was der Hund sah. und andere Abenteuer aus der Welt, in der wir leben
endlich plausibel erklären warum diese Werbung noch heute so verführerisch auf mich wirkt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde sie mit Hilfe der Motivationsforschung entwickelt.
Was ist Motivationsforschung?
Vor mehr als 100 Jahren wurde die Werbeforschung erfunden. Mit Hilfe der Werbeforschung fanden Forscher lange Zeit heraus wie viele Kunden wann welches Produkt kauften. Kurz gesagt, die Werbeforschung maß das Ergebnis der Werbung. Auf diese Weise konnte schnell herausgefunden werden welche Werbung für mehr Verkäufe sorgte. Warum die eine Werbung mehr verkaufte als eine andere, wussten die Forscher damals noch nicht.
Die Frage nach dem Warum steht im Mittelpunkt der Motivationsforschung und seit den 1940ziger Jahren greift die Werbebranche in die Werkzeugbox der Motivationsforschung, um genau diesem Warum nachzugehen. Mittels ausführlicher Fragebögen und Interviews, die auf Elemente der Psychoanalyse zurückgreifen erfahren Werbeleute viel über das „Warum wir Produkte kaufen“ und nutzen dieses Wissen um so geniale Werbung wie die mit dem weißen Hut zu entwickeln, der ich nicht widerstehen kann.
Verkäufe verdoppeln dank Motivationsforschung
Herta Herzog von Tinker war die Grande Dame der Motivationsforschung. Ihre Ideen sorgten bei vielen Unternehmen für massive Zusatzeinnahmen. Dabei waren manche Ideen unglaublich einfach. So hatte Herta die Idee in einem Werbefilm eine Hand zu zeigen, die statt einer Kopfschmerzbrausetablette zwei Kopfschmerzbrausetabletten in ein Glas warf. Herta vermutete, dass dies die Verkäufe der Tabletten verdoppeln würde und lag mit dieser Vermutung goldrichtig. Warum ich eine Packung Raffaello vernichte, obwohl die Frau in der Werbung nur einen einzigen vertilgt, bleibt mir an dieser Stelle schleierhaft.
Fazit
Nie hätte ich gedacht, dass sich Verkäufe mit so einfachen Maßnahmen massiv steigern lassen. Das Beispiel Werbeforschung zeigt wie erfolgreich die interdisziplinäre Zusammenarbeit sein kann. Dank diesem neuen Wissen schwirrt mir nun folgende Frage im Kopf herum:
- Was würde passieren, wenn wir die Motivationsforschung auch für andere Bereiche des Lebens nutzen würden?
- Könnten wir mit Hilfe der Motivationsforschung Kriege verhindern?
- Könnten wir dafür sorgen, dass Politik endlich Freude macht und sich nicht mehr wie ein sinnloser Grabenkampf anfühlt?
- Könnten wir dann dafür sorgen, dass sich Arbeiten wie Urlaub anfühlt?
- Könnten wir mit Hilfe der Motivationsforschung für ordentliche Kinderzimmer sorgen?
- Könnten wir mit Hilfe der Motivationsforschung neue Planeten besiedeln?
Okay, ich muss aufhören, mit jeder getippten Frage entstehen zwei neue in meinem Kopf. Aber die Vorstellung, dass wir die Welt mit einfachen Techniken verändern können ist einfach zu verführerisch.
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Der oben erwähnte Tabletten-Trick kommt dank der Autorin von
Friederike Fabritius: Flow@Work. Gehirngerecht führen – die besten Leute gewinnen und halten
auch bei einem Krebsmedikament zum Einsatz. Bei einem Rollenspiel mit Patienten, die sich gegen die Krebspille und für eine Chemotherapie entschieden hatten, fand Frederike heraus, dass die Patienten glaubten, dass die Pille aufgrund ihrer geringen Nebenwirkungen nicht wirken würde. Sie glaubten, dass die Chemotherapie wirksamer ist, weil sie mehr Nebenwirkungen hatte, denn das, was dem Wirt schadet, muss auch den Krebszellen schaden.
„Mit diesem Wissen beschloss der Pharmakonzern, die Tablette grösser zu machen und in seiner [sic] Gebrauchsinformation zu betonen, wie unangenehm die (wenigen) Nebenwirkung sein und dass die Tablette auch schwer zu schlucken sei. Das Vertriebsteam des Unternehmens wurde instruiert, Ärzten zu sagen, sie sollten gegenüber ihren Patientinnen und Patienten diese Faktoren herausstellen.“ S. 40.