Warum nehmen Ärztinnen keine Mammografie für sich in Anspruch, obwohl sie sie Patienten empfehlen?
In der heutigen Zeit zu leben hat gerade medizinisch gesehen unglaubliche Vorteile. Keiner von uns muss mehr, wie noch vor ein paar hundert Jahren üblich, zum Schmied um sich einen Backenzahn entfernen zu lassen, wir können jederzeit in eine saubere und sterile Zahnarztpraxis gehen und werden hier behandelt.
Nicht nur für Zähne, auch für alle anderen Körperteile ist in unserer heutigen Zeit gut gesorgt. Wer Schmerzen hat, geht zum Arzt und bekommt Hilfe. Unsere Medizin kann aber noch viel mehr: Sie kann Krankheiten erkennen, bevor wir beginnen unter ihnen zu leiden. So sind Ärzte heute z.B. in der Lage Brustkrebs dank einer Mammografie frühzeitig zu erkennen.
Für mich sind Ärzte wie ein Auffangnetz unter einem Hochseil. Es ist toll, dass es sie gibt, aber am liebsten nehme ich sie, wenn irgendwie möglich, nicht in Anspruch. Auch wenn Vorsorgeuntersuchungen empfohlen werden, gehöre ich zu den Menschen, die sich einfach nicht damit anfreunden können einen Arzt ohne akute Schmerzen aufzusuchen. Daher hat es mich sehr überrascht als ich bei
Gerd Gigerenzer: Bauchentscheidungen
gelesen habe, dass sage und schreibe 75% der amerikanischen Frauen über 50 regelmäßig eine Mammografie machen lassen. Und noch mehr hat mich überrascht, dass amerikanische Ärztinnen bei sich selbst in der Regel keine Mammografie machen lassen. Diese 2 Fakten haben 2 Fragen in mir geweckt, denen wir heute nachgehen werden:
- Warum lassen so viele Amerikanerinnen einen Mammografie machen?
- Wie kann es sein, dass so viele Frauen eine Mammografie machen lassen und die Ärztinnen, die täglich solche Untersuchungen anordnen sich vor ihr drücken?
Warum lassen so viele Amerikanerinnen einen Mammografie machen?
Ich vermute, dass es im Wesentlichen 2 Gründe sind, die dafür sorgen, dass so viele amerikanische Frauen sich dieser Untersuchung unterziehen:
- Systeme
- Klagerisiko
Zum Punkt 1: Vor kurzem hatten wir uns schon einmal mit Systemen beschäftigt. Wir haben dabei festgestellt, dass Systeme in denen wir leben unser Verhalten steuern. Wenn alle Menschen in einem Staat ihre Organe spenden, steigt auch unsere Bereitschaft unsere Organe zu spenden. Genau das Gleiche passiert bei Mammografien. In den USA ist es für Frauen ab 50 üblich diese Untersuchung zu machen, also machen 75% der Amerikanerinnen diese Untersuchung. Im ersten Moment habe ich über dieses Verhalten übrigens den Kopf geschüttelt, doch dann habe ich mir an die eigene Nase gefasst, denn auch ich gehe nur deshalb jedes Jahr zum Zahnarzt, weil es halt in Deutschland so üblich ist und ich meinen Stempel haben möchte.
Zum Punkt 2: In den USA ist es üblich Unternehmen und Selbstständige zu verklagen, wenn diese nicht vorsorglich genug gehandelt haben. In den 90ziger Jahren sagte man den Amerikanern nach, dass sie wohl auch ein Unternehmen verklagen würde, weil ihre Katze beim Versuch sie zu trocknen in der Mikrowelle ums Leben kam. Auch wenn dies nie passiert ist, gibt es immer wieder Berichte über Raucher, die Zigarettenfirmen verklagen weil sie Lungenkrebs bekommen haben, oder Menschen die Fastfood Ketten verklagen, weil sie sich an deren heißen Kaffee verbrüht haben.
Diese Klagefreudigkeit richtet sich aber nicht nur gegen Unternehmen, sondern auch gegen Ärzte und so kommt es, dass diese alles in ihrer Macht stehende tun um solche Klagen zu vermeiden. So empfehlen sie lieber eine Mammografie, als das Risiko einzugehen, dass eine später tatsächlich an Brustkrebs erkrankte Patientin, die keine Mammografie gemacht hat, die Ärzte verklagt.
Aus diesem Grund empfehlen Ärzte lieber eine Behandlung und Untersuchung zu viel als zu wenig. Möglicherweise ist die Untersuchung nicht geeignet um den Patienten zu helfen, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber schützt sie den Arzt vor dem Vorwurf nachlässig gewesen zu sein.
Wenn Dir an dieser Stelle noch weitere Gründe einfallen freue ich mich darauf, wenn Du Deine Ideen mit mir teilst, damit ich sie an dieser Stelle ergänzen kann.
Wie kann es sein, dass so viele Frauen eine Mammografie machen lassen und die Ärztinnen, die täglich solche Untersuchungen anordnen sich vor ihr drücken?
Unser Autor hielt einmal einen Vortrag vor einer Gruppe von Ärzten. Nach diesem Vortrag wurden die 60 Ärzte und Ärztinnen im Publikum befragt ob sie eine Mammografie bei sich machen lassen würden, kein einziger sagte ja.
Die Sache mit der Mammografie ist die: Ja, durch eine Mammografie kann ein Brustkrebs frühzeitig erkannt werden, aber nicht jeder durch eine Mammografie erkannte Brustkrebs ist auch ein Brustkrebs. Zudem ist nicht jeder Brustkrebs tödlich, eine Behandlung aber oft kräftezehrend. Aus diesen Gründen ist die Mammografie durchaus umstritten. Ob sie Sinn macht oder nicht, vermag ich als Historikerin nicht zu beurteilen, aber die Tatsache, dass Ärzte sie nicht bei sich machen lassen würden hat mich zumindest nachdenklich gemacht und lässt mich darüber grübeln, was die Gründe hierfür sein könnten.
Was kann ich tun um solche Behandlungen zu vermeiden?
Auch wenn ich an dieser Stelle außer Stande bin die Sinnhaftigkeit einer Mammografie zu beurteilen und noch einige Jahre Zeit habe, bevor ich mich selbst dieser Frage stellen muss, so kann ich doch zumindest einen Tipp des Autors mit Dir teilen, der Dir helfen kann vermeidbaren Behandlungen aus dem Weg zu gehen:
„Fragen Sie Ihren Arzt nicht, was er empfiehlt, sondern fragen Sie ihn, was er täte, wenn es seine Mutter wäre.“
Mit dieser Frage hast Du eine realistische Chance, dass Du den Arzt aus seiner Haftungsverantwortung Dir gegenüber nimmst. Da er weiß, dass seine Mutter ihn nicht verklagen würde kann er sich in Ruhe Gedanken machen was er ihr in dieser Situation empfehlen würde und da er es seiner Mutter empfehlen würde und es sich um eine rein Hypothetische Frage handelt unterliegt er auch keiner ärztlichen Schweigepflicht und darf seine Antwort mit Dir teilen.
Ich hab diesen Satz bezüglich eines Arztes übrigens schon angewendet, vorher aber sicherheitshalber gefragt ob er seine Mutter mag. 😉 Er mochte sie und mir schenkte diese Frage das gute Gefühl eine richtige Behandlungsentscheidung getroffen zu haben.
Fazit
Ärzte sind Menschen wie Du und ich. Sie haben viele Jahre studiert und sind in der Regel gern Arzt. Sie werden daher alles in ihrer Macht stehende tun, um auch in Zukunft Arzt zu bleiben. Eine Maßnahme zum Erhalt des Ärzte-Status ist jedes Klagerisiko zu vermeiden, indem der Arzt alle üblichen Untersuchungen durchführt.
Als Patient möchtest Du natürlich gern schnell wieder gesund sein. Doch nicht jede Maßnahme, die der Arzt auf dem Zettel hat, um nicht verklagt zu werden ist zwingend gesund. Mit jeder Narkose, Untersuchung, Infusion und co. gehst Du, ein Risiko ein, auch wenn dieses minimal ist.
Als Patient ist es Deine Entscheidung, ob Du alle Untersuchungen mitmachst, oder dem Arzt ein Zettelchen unterschreibst und ihn damit aus der Verantwortung nimmst, weil er auf Deinen Wunsch nicht alle Untersuchungen durchgeführt hat. Mit der Unterschrift liegt die Verantwortung für Deine Gesundheit dann wieder bei Dir.
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Das mit dem Arzthaftungsrecht ist in Deutschland so eine Sache. Ich frage mich allerdings, ob man den Arzt mit der Frage nach der eigenen Mutter wirklich die Haftungsverantwortung nimmt. Ich bin zwar nur ein Laie, kann mir das aber fast nicht vorstellen.
Hallo Rudi,
das ist eine gute Frage, die auch ich nicht beantworten kann, da mir ein dazugehöriges Rechtsstudium fehlt. Daher tausend Dank für Deinen Hinweis.
Viele Grüße
Maria von Du Bist Grossartig