Weißt Du was der Decoy-Effekt ist?
Lass uns heute mit einem kleinen Experiment starten: Stell Dir vor, Du möchtest ein Auto kaufen. Deine Kaufkriterien sind:
- Hohe Leistung (PS)
- Geringer Benzinverbraucht
Du gehst zu einem Autohändler und entdeckst hier zwei Fahrzeuge, die Dir gut gefallen, ein italienisches Modell mit 200 PS und 9 Liter Verbrauch und ein französisches Modell mit 100 PS, 5 Liter Verbrauch.
Autoverkäufer Nummer Eins
Da Du dich nicht entscheiden kannst, wendest Du Dich an den Autoverkäufer. Dieser hört Dir aufmerksam zu und versteht Deine Schwierigkeiten bei der Entscheidung. Daher macht er Dich auf ein weiteres Modell aufmerksam. Es ist ein deutsches Modell mit 110 PS und 10 Litern Verbrauch.
Damit Du Dich leichter entscheiden kannst, druckt Dir der freundliche Autoverkäufer die Daten der Modelle aus und markiert die für Dich wichtigen Kriterien. Vor Dir liegt nun die folgende Auswahl:
- 1. das italienische Modell mit 200 PS und 9 Liter Verbrauch,
- 2. das französische Modell mit 100 PS und 5 Liter Verbrauch,
- 3. das deutsche Modell mit 110 PS und 10 Litern Verbrauch.
Notiere Dir an dieser Stelle kurz Deine Auswahl und decke sie zu.
Weil Du Deine Autos in der Regel viele Jahre fährst, dankst Du dem Autoverkäufer und bittest um ein paar Tage Bedenkzeit. Durch Zufall kommst Du auf dem Weg nach Hause an einem weiteren Autohändler vorbei und im Schaufenster lächelt Dich ein schnittiges japanisches Modell mit 100 PS und 5 Liter Verbrauch an. Also betrittst Du das Geschäft und schaust Dir den Wagen genauer an. Auf dem Weg zum Verkäufer sticht Dir ein koreanisches Modell mit 200 PS und 9 Liter Verbrauch ins Auge.
Autoverkäufer Nummer zwei
Als Du mit zuständigen Verkäufer sprichst, schilderst Du ihm zuerst, was Du suchst und warum Dir der Japaner und der Koreaner gut gefallen. Auch in diesem Geschäft schlägt Dir der Verkäufer einen weiteren Wagen vor, der Dir gut gefallen könnte. Dieses osteuropäische Modell kann mit 90 PS und 8 Litern Verbrauch aufwarten. Um Dir die Entscheidung zu erleichtern, druckt Dir auch dieser Verkäufer die Daten der drei Modelle aus. Vor Dir liegen nun drei weitere Zettel mit folgenden Daten:
- a. das japanische Modell mit 100 PS und 5 Liter Verbrauch,
- b. das koreanische Modell mit 200 PS und 9 Liter Verbrauch,
- c. das osteuropäische Modell mit 90 PS und 8 Litern Verbrauch.
Notiere Dir bitte erneut Deine Auswahl.
Wenn Dich jetzt von Deinem Zettel nun der Buchstaben a und die Zahl 1 anlächelt, hast Du den Decoy-Effekt, der mir dank
Winand von Petersdorff & Patrick Bernau: Denkfehler, die uns Geld kosten. Warum wir immer das Falsche tun und andere sich ins Fäustchen lachen
das erste Mal im Leben begegnet ist, live und am eigenen Leib erlebt. Wenn Du genau hinschaust, hattest Du vor dem Gespräch mit dem Verkäufer jeweils zwei Modelle mit
- 100 PS und 5 Liter Verbrauch
- 200 PS und 9 Liter Verbrauch
zur Auswahl. Beide Modelle entsprachen in einem Punkt Deinen Wünschen – viel Leistung, wenig Verbrauch – und daher fiel es Dir schwer, Dich für eine der beiden Optionen zu entscheiden. Also waren die Verkäufer in beiden Autohäusern freundlich und halfen Deiner Entscheidung mit dem dritten Modell auf die Sprünge.
Der erste Verkäufer empfahl Dir mit 110 PS und 10 Litern Verbrauch eine dritte Option, die die 200 PS Variante wie ein Volltreffer aussehen ließ, weil diese mehr Leistung und weniger Verbrauch hatten.
Der zweite Verkäufer dagegen verleitete Dich mit seiner dritten Option mit 90 PS und 8 Litern Verbrauch zum schwächeren Modell, da dieses die dritte Option in beiden Punkten schlug.
Der Decoy-Effekt
Was im Englischen als Decoy-Effekt bekannt ist, trägt im Deutschen den wenig fluffigen Namen „asymmetrischer Dominanzeffekt“. Den englischen Begriff einfach ins Deutsche zu übersetzen und ihn einfach Lockvogel- oder Köder-Effekt zu nennen, klang wahrscheinlich nicht intelligent genug. Als Entdecker des Decoy-Effektes gilt der amerikanische Marketing-Professor Joe Huber.
Er entdeckte, dass sich Kaufentscheidungen durch einen Lockvogel – in unserem Fall eine dritte Option – hervorragend im Sinne des Verkäufers steuern lassen. Alles was der Verkäufer tun muss, ist, eine Option zu präsentieren, die von dem Modell, das er verkaufen will, in allen Wunschpunkten geschlagen wird.
Fazit
Bewusst ist mir der Decoy-Effekt noch nie begegnet. Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass ich die eine oder andere Kaufentscheidung mittels dieses Effektes getroffen habe. Obwohl ich 10 Jahre im Verkauf gearbeitet habe, habe ich diesen Effekt nie von mir aus bewusst angewandt und frage mich daher, wie verbreitet diese Art des Verkaufens wirklich ist.
Zu meiner großen Freude verrät uns unser Autor nicht nur, was der Effekt ist, er verrät uns auch, wie wir verhindern können, dass unsere Kaufentscheidung durch ihn gesteuert wird. Um dem Decoy-Effekt zu entgehen, sollten wir sofort alle Alternativen ausschließen, die nicht in Frage kommen.
Mit diesem – hoffentlich hilfreichen – Wissen wünsche ich Dir nun einen fantastischen Start in den Tag.
UPDATE: Danke für Eure Hinweise zu den Aufzählungszeichen und den Autodaten @SCRUMschau und Gesine Otto. Jetzt ist der Blogbeitrag viel schöner.
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