Weißt Du, was Torsionsinstabilität ist?

Wer braucht schon Brücken?

Es gab eine Zeit, da haben mich Brücken null interessiert. Ich fand sie praktisch, weil sie Wege für mich kürzer machten. Sie waren so normal für mich, dass ich mir keine Gedanken darüber machte. Doch dann stolperte ich vor einiger Zeit über die Geschichte einer Hängebrücke über die Niagarafälle, die mir das erste Mal vor Augen führte, dass Brücken doch faszinierender sein könnten, als ich bisher annahm.

Nicht jede Brücke beruht auf einer so verrückten Geschichte wie die gerade erwähnte Hängebrücke. Die meisten Brücken werden von erfahrenen Ingenieuren geplant. Bevor eine Brücke gebaut wird, errechnen diese alle möglichen Dinge, damit die Brücke am Ende stabil und sicher ist. Dabei greifen sie auf bekanntes Wissen zurück. Doch auch unter den Ingenieuren gibt es Abenteurer. Abenteurer, die Brücken bauen, die es so noch nie gegeben hat. Und manchmal entdecken diese Ingenieure dabei neues Wissen.

Und um genau ein solches neues Wissen geht es in unserer heutigen Geschichte, auf die ich in

Matt Parker: Damit hatte keiner gerechnet! Die größten Mathe-Irrtümer der Menschheit

gestoßen bin. Die tragischen Helden unserer Geschichte, die vor über 175 Jahre begann, waren der Ingenieur Robert Stephenson und der Konstrukteur Leon Moisseiff.

Der erste Kontakt mit der Torsionsinstabilität

Dieses Mal kommen nicht alle auf der anderen Seite der Brücke an.

Am 24. Mai 1847 starben bei einem Zugunglück in England 5 Menschen, weil sich eine Zugbrücke von der Mitte her verdrehte. Lediglich die Lokomotive schaffte es, die Brücke zu überqueren. Der Rest des Zuges landete im Fluss.

Dies war die erste Brücke des Ingenieurs Robert Stephensons, die einstürzte. Zuvor hatte er zahlreiche Brücken für Menschen gebaut, und hier war es nie zu Problemen gekommen. Auch seine Zugbrücke war zu Beginn stabil. Sie länger als die anderen Brücken, die er zuvor gebaut hatte, und sie war anders konstruiert, damit sie bei der Überfahrt des Zuges nicht zu schwingen begann. Stephenson hatte also alles richtig gemacht. Die Brücke hielt, was sie versprach.

Doch dann kam der 24. Mai 1847. An diesem Tag wurde die Brücke weiter optimiert. Kies und Schotter wurden auf der Brücke verteilt, um das Vibrieren der Schienen bei der Überfahrt weiter zu minimieren und um das Holz der Brücke vor brennenden Kohlen zu schützen. Denn es konnte passieren, dass eine Dampflock beim Überqueren der Brücke glühende Kohlen verlor.

Kies und Schotter brachten zusätzliches Gewicht auf die Brücke, und dies verursachte eine Torsionsinstabilität, die Brücke stürzte ein. Allerdings ahnte damals niemand, dass die Torsionsinstabilität das Problem und die Ursache für das Unglück war. Die Experten, die sich mit dem Zugunglück befassten, gaben dem bei Brückenbau verwendeten Gusseisen die Schuld. Sie gingen davon aus, dass die Verwendung von Schmiedeeisenträgern bei solchen Brücken solche Unglücke in Zukunft vermeiden würde.

Der zweite unentdeckte Kontakt mit der Torsionsinstabilität

ich puste und pruste… Ups, Sorry. Das wollte ich nicht.

Im November 1940, also fast 100 Jahre nach dem ersten Einsturz einer Brücke durch die Torsionsinstabilität, fiel ihr eine weitere Brücke zum Opfer. Dieses Mal brauchte es für den Einsturz keinen Kies und keinen Zug, sondern lediglich zu viel Wind. Glücklicherweise kam beim Einsturz der Tacoma Narrow Bridge in den USA niemand ums Leben.

Allerdings versagten auch bei diesem Unglück die Experten dabei, die wahre Ursache des Unglückes zu identifizieren.

Was ist die Torsionsinstabilität?

Wir wissen nun also, dass die Torsionsinstabilität mindestens zwei Brücken auf dem Gewissen hat. Was wir noch nicht wissen, ist, was die Torsionsinstabilität ist. Doch zum Glück beantwortet unser Autor diese Frage:

„Das Phänomen des Verdrehens innerhalb einer Konstruktion – also die Tatsache, dass eine Struktur dazu neigt, sich entlang der Längsachse mittig zu verdrillen – wird heute als Torsionsinstabilität bezeichnet.“ S. 336.

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber irgendwie reicht mir die Beschreibung nicht. Ich verstehe zwar was gemeint ist, würde dieses Phänomen jedoch gerne einmal mit eigenen Augen sehen. Lass uns daher doch einmal schauen, ob das Internet ein Video bereithält, in dem dieses Phänomen zu sehen ist.

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In diesem YouTube Video geht es zwar nicht um Torsionsinstabilität, es geht um Torsionsspannung. Die nette Stimme aus dem Off verrät uns, dass Torsion der Fachbegriff für Verdrehung ist und zeigt uns eine kurze Animation von einem Autobahnschild, das durch Wind verdreht wird. Danach erfahren wir, wie Torsionsspannung berechnet wird. Diese Berechnung verstehe ich nicht. Doch zum Glück habe ich verstanden, dass

  • eine größere Länge des Stabes, das das Schild hält, für eine höhere Torsion sorgt,
  • eine höhere Dicke des Stabes für eine geringere Torsion sorgt und
  • das Material des Stabes Auswirkungen auf die Torsion hat.

Jetzt verstehe ich was passiert ist.

Der dritte Punkt erklärt nun also, warum die Experten durch die Verwendung von Schmiedeeisen das Problem der Torsionsinstabilität zunächst in den Griff bekamen: Schmiedeeisen ist offenbar weniger anfällig für Torsion als Gusseisen.

Was ich bei meiner Recherche nicht herausfinden konnte, ist, ob Torsionsspannung und Torsionsinstabilität identische Sachverhalte sind. Daher habe ich diese Frage per E-Mail an den Verlag des Buches weitergereicht. Sobald ich hierzu eine Antwort erhalte, ergänze ich die Information.

UPDATE: Was der Verlag sagt

Zu meiner großen Freude hat sich die Janne vom Verlag gemeinsam mit dem Lektorat des Buches die Arbeit gemacht meiner Frage  zu beantworten:

„Torsion“ ist ein sehr komplexes Thema der Bau- und der Biophysik (Torsion gibt es bei Brückenbauträgern, Windkraftrotorblättern, aber auch bei Molekülen). Von Grund auf verstehen können das wohl nur entsprechend ausgebildete Ingenieure oder Leute, die Maschinenbau, Bauphysik etc. studieren. Im Netz findet man denn auch jede Menge Links zu Lehrbüchern zum Thema. Seiten, in denen beide Begriffe (Torsionsspannung + Torsionsinstabilität) vorkommen, habe ich nicht gefunden. Einen ersten Eindruck bekommt man hier:

 

Der englische Begriff für Torsionsinstabilität lautet übrigens „torsional instability“. Ganz laienhaft würde ich aber sagen, dass „Torsionsspannung“ und „Torsionsinstabiität“ nicht dasselbe sind. „Torsionsspannung“ beschreibt die Kräfte, die bei einer Verdrehung länglicher Körper mit kreisförmigem Querschnitt auftreten. Eine Torsionsinstabilität liegt vor, wenn eine zu starke Verdrehung bzw. Torsion dazu führt, dass „die Verformung vom elastischen Bereich in den plastischen übergeht, was letztendlich zum Bruch infolge der Torsionsbeanspruchung führt“. Aber das ohne Gewähr.

Fazit

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber heute bin ich nicht ganz glücklich mit dem Ergebnis meiner Recherche. Ich freue mich, dass ich nun weiß, was Torsion ist und habe noch mehr Bewunderung für das, was Brückenbauer leisten. Doch irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich die Frage nach der Torsionsinstabilität nicht so gut beantworten konnte, wie ich es mir wünsche. Zum Beispiel hätte ich auch gern gewusst, wer die Torsionsinstabilität entdeckt hat. Doch leider habe ich dazu im Internet nichts gefunden. Vielleicht habe ich Glück und Du kennst einen Ingenieur, der eine Antwort auf diese Frage hat und sie mir verrät.

 

 

Buchcover zum Beitrag

Ein Männchen mit vier Armen wirbelt 8 Bücher durch die Luft.

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Datum & Autor

25. Juli 2022
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